Fall Abu Akleh Untersuchung der Kugel ohne klares Ergebnis
Im Fall der im Westjordanland erschossenen Al Jazeera-Reporterin hat auch die Untersuchung keine endgültige Klarheit über den Täter gebracht. Die Ermittlungen sollen aber weitergehen.
Am Anfang seiner Stellungnahme sprach Israels Verteidigungsminister den Angehörigen der erschossenen Reporterin zunächst erneut sein Beileid aus. Dann fasste Benny Gantz das Fazit der Untersuchung der Kugel, die Shireen Abu Akleh tötete, zusammen:
"In diesem speziellen Fall ist es trotz der forensischen Untersuchung nicht möglich zu einem klaren Ergebnis zu kommen. Leider ist es unmöglich, den Schützen zu bestimmen und deswegen werden die Untersuchungen weiter gehen", sagte er.
Die Kugel sei zu beschädigt, um einen klaren Rückschluss darauf zu erlauben, aus welcher Waffe sie abgefeuert wurde, erklärte das israelische Militär. Die ballistische Untersuchung des Geschosses fand unter Aufsicht von Experten aus den USA statt. Ihnen hatten die palästinensischen Behörden die Kugel übergeben.
"Tragische Umstände"
Die Palästinenserin Abu Akleh besaß die US-Staatsbürgerschaft. Das US-Außenministerin bestätigte, dass die Untersuchung kein klares Ergebnis zum Schützen lieferte. In der Gesamtschau aller Erkenntnisse sei es aber wahrscheinlich, dass der tödliche Schuss auf die Al-Jazeera Reporterin von der israelischen Armee abgefeuert wurde, so das Fazit der US-Experten, die ergänzten, man habe keinen Anlass von einem absichtlichen Schuss auszugehen.
Tragische Umstände hätten zum Tod von Abu Akleh geführt. Als die Journalistin erschossen wurde, war sie ungefähr 120 Meter von israelischen Soldaten entfernt und durch ihre Kleidung als Reporterin klar erkennbar.
Die Angehörigen der Journalistin sind empört und enttäuscht vom bisherigen Verlauf der Untersuchungen. Lina Abu Akleh, eine Nichte der Al-Jazeera-Reporterin, erklärte: "Wir hatten erwartet, dass im Rahmen einer solchen Untersuchung die Täter zur Verantwortung gezogen werden und gingen von einer transparenten Ermittlung ohne politische Einflussnahme aus. Das war nicht der Fall."
Belastung der Beziehungen zu den USA
Die Angehörigen fordern unabhängige Untersuchungen - durch die Vereinten Nationen und den internationalen Strafgerichtshof. So soll zweifelsfrei geklärt werden, was genau geschah, als die in der arabischen Welt sehr bekannte Al-Jazeera-Reporterin Abu Akleh am 11. Mai über eine israelische Militäroperation in Jenin im Westjordanland berichten wollte und dabei erschossen wurde.
Die israelische Armee hatte eine eigene Verantwortung nicht ausgeschlossen, aber auch erklärt, dass ein palästinensischer Bewaffneter den tödlichen Schuss abgegeben haben könnte.
Der Fall Abu Akleh war zu einer Belastung für die israelisch-US-amerikanischen Beziehungen geworden. Aus dem US-Kongress kam die Forderung nach einer lückenlosen Aufklärung des Todes der Journalistin mit US-Pass.
Dilemma für Biden
Durch die Untersuchung versuche die US-Regierung nun aus einem Dilemma herauszukommen, erklärte der israelische Journalist Barak Ravid in einem Radiointerview. "Es ist der Versuch, sowohl Israel als auch den Palästinensern etwas zu geben, indem einerseits gesagt wird, man könne nicht feststellen, wer sie getötet hat und andererseits aber Israel als Täter angedeutet wird, und drittens betont wird, es sei unbeabsichtigt gewesen. Auf diesem Weg wollen sie den Fall abräumen. US-Präsident Joe Biden kommt nächste Woche hierher und das Letzte, was er braucht, ist auch nur ein einziges Wort über diesen Fall zu hören."
Wer erschoss Shireen Abu Akleh und warum? Es könnte sein, dass diese Fragen unbeantwortet bleiben.