Anschläge in Istanbul Erdogan kündigt Vergeltung an
Die Menschen in Istanbul haben die fünfte schwere Terrorattacke binnen eines Jahres erlebt. Staatschef Erdogan will mit harter Hand reagieren - 235 prokurdische Politiker wurden festgenommen. Kanzlerin Merkel bot Hilfe im Kampf gegen den Terrorismus an.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan demonstriert Härte nach dem Doppelanschlag von Istanbul mit mindestens 44 Toten. Eine Splittergruppe der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK hatte sich zu der Tat bekannt. Erdogan kündigte Vergeltung an: Die Täter müssten einen "noch höheren Preis bezahlen", sagte er in Istanbul.
Botschafter und Gesandte zahlreicher Staaten legen am Anschlagsort Kränze nieder.
Festnahme von HDP-Vertretern
Mehr als zweihundert Vertreter der prokurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP) wurden bei landesweiten Einsätzen festgenommen. Unter den Festgenommenen seien auch die HDP-Chefs in Istanbul und Ankara gewesen, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Den Verdächtigen werden demnach Verbindungen zur PKK zur Last gelegt. "Wer immer diese Täter unterstützt, im Ausland oder innerhalb des Landes - wir werden ohne Gnade Rechenschaft fordern. Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sind unsere Wegführer", sagte Innenminister Süleyman Soylu.
Die PKK-Splittergruppe TAK (Freiheitsfalken Kurdistans) hatte auf ihrer Internetseite geschrieben, sie habe mit dem Attentat in Istanbul auf die Gefangenschaft des PKK-Anführers Abdullah Öcalan und die türkischen Militäroperationen vor allem im Südosten des Landes aufmerksam machen wollen.
Bereits in der Nacht auf Sonntag waren 13 Verdächtige festgenommen worden. Sie wurden am Morgen zu Vernehmungen zur Staatsanwaltschaft gebracht. In den sozialen Netzwerken gibt es viel Unterstützung für den Kurs der Regierung, aber auch Kritik am Vorgehen gegen die HDP.
Solidarität und Hilfe aus Deutschland
Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen bekundete deutsche Solidarität mit der Türkei im Kampf gegen den Terrorismus. "Unser Bündnispartner weiß, dass wir gemeinsam gegen den Terror stehen", sagte die Ministerin der "Bild". Die brutalen und schändlichen Anschläge von Istanbul seien durch nichts zu rechtfertigen.
Zuvor hatte bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel deutsche Unterstützung und eine engere Kooperation im Kampf gegen den Terrorismus angeboten. In einem Telefonat mit Erdogan sicherte die Kanzlerin Unterstützung zu, "sollte diese für die Versorgung der Verletzten gebraucht werden", erklärte Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin.
Unter den Toten seien 30 Polizisten, sagte Innenminister Soylu. Mehr als 150 weitere Menschen seien verletzt worden. Botschafter und Gesandte zahlreicher Staaten legten am Vormittag am Anschlagsort Kränze nieder.
Gewalt gegen Polizei gerichtet?
Die erste Bombe explodierte nach Angaben von Soylu rund anderthalb Stunden nach dem Ende eines Fußballspiels zwischen den Erstligisten Besiktas und Bursaspor in der Nähe des Stadions von Besiktas. Es habe sich um eine Autobombe gehandelt, die gegen die Sondereinsatzpolizei gerichtet und um 22.29 Ortszeit gezündet worden sei. Nur 45 Sekunden später sprengte sich nach Angaben Soylus ein Selbstmordattentäter im Macka Park neben dem Stadion in die Luft. Auch dieses Attentat sei gegen Polizisten gerichtet gewesen, die die Gegend wegen des Fußballspiels abgesichert hatten.
Das Match zwischen den verfeindeten Mannschaften galt als Risikospiel, bei dem die Polizei mit starker Präsenz Auseinandersetzungen zwischen Fans verhindern sollte. Der politisch eher links stehende Fanclub von Besiktas hat für den Abend zu einem Marsch zum Stadion aufgerufen unter dem Motto: "Unser Stadtteil, unser Land - unsere Liebe".