Streit mit EU über Haushalt Ein neuer Etat aus Rom? Wohl nicht!
Die EU hat Italiens Haushaltsentwurf abgelehnt. Die Regierung in Rom müsste nun eigentlich einen neuen Etat mit weniger Schulden vorlegen. Doch es sieht nicht danach aus, als würde sie das tun.
Nein, Zugeständnisse sind von dieser Regierung vorerst nicht zu erwarten. Drei Wochen hat Italien nun Zeit, den Haushaltsplan nachzubessern. Aber wenn man Matteo Salvini, den Innenminister und Chef der rechtsnationalen Lega hört, dann stehen die Zeichen nicht auf Kompromiss.
"Wir werden nicht einen Euro davon abziehen"
Wenn die EU-Kommission den Haushalt ablehne, greife sie das italienische Volk an, sagte er:
Nur das italienische Parlament kann diesen Haushaltsentwurf verbessern. Der Etat enthält 15 Milliarden an Investitionen, er hilft den jungen Italienern. Wir werden nicht einen Euro davon abziehen. Ich wäre auch morgen bereit, den EU-Kommissionspräsidenten zu treffen, um ihm zu erklären, wie Italien mit diesem Haushalt wachsen wird. Aber niemand wird auch nur einen Euro von diesem Haushalt, aus den Taschen der Italiener nehmen."
Verspricht, dass der Haushalt 15 Milliarden für Investitionen enthalte: Innenminister Salvini.
In Wirklichkeit nur 3,5 Milliarden für Investitionen?
Darüber, ob der Haushaltsplan wirklich 15 Milliarden an Investitionen enthält, gibt es Streit. 2,4 Prozent Neuverschuldung plant die Regierung in Rom - gemessen am Bruttoinlandsprodukt. Die EU-Kommission verlangt, dass nicht mehr als 0,8 Prozent neue Schulden gemacht werden.
Und auch wofür das Geld ausgegeben wird, ist umstritten: 400.000 bis 500.000 Italiener sollen frühzeitig in Rente gehen können. Es soll ein Grundeinkommen geben und eine Flattax, zunächst für Selbständige.
Der teure Ausbau des Sozialstaats sei falsch, sagt Graziano Delrio von der Oppositionspartei Partito Democratico. Es fehle an Investitionen, damit die Wirtschaft wachsen könne: In Wirklichkeit enthalte der Plan der Regierung nur Investitionen von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. "Also 3,5 Milliarden Euro, die vielleicht in vier oder fünf Jahren Wirkung zeigen, aber keine Auswirkung auf das Wachstum haben", sagt der Oppositionspolitiker.
Der Haushaltsplan soll in den nächsten Tagen ins Parlament einbracht werden. Größere Änderungen sind nicht vorgesehen. Und damit ist die Konfrontation der Regierung in Rom mit der EU-Kommission vorprogrammiert.
"Diese Politik der Regierung ist sehr gefährlich"
Das Hauptproblem ist Italiens gewaltiger Schuldenberg von 2,3 Billionen Euro, der das Land zu lähmen droht. Schon jetzt zahlt Italien so viel an Zinsen, wie für seine gesamten Bildungsausgaben. Für Experten wie den Wirtschaftsprofessor Pietro Reichlin von der LUISS-Universität in Rom spielt die Regierung ein riskantes Spiel:
Italien muss jedes Jahr etwa 300 bis 350 Milliarden Euro an Staatsanleihen umschulden. Das Land zahlt im Jahr 60 bis 70 Milliarden an Zinsen. Wenn die Zinsen um ein oder zwei Prozentpunkte steigen, dann steigen die Ausgaben. Diese Politik der Regierung ist sehr gefährlich: Einerseits hat die Regierung eine politische Agenda im Streit mit Europa, andererseits setzt sie die öffentlichen Finanzen einem großen Risiko aus.
Finanzmärkte Italien wohlgesonnener?
Von diesem Risiko war heute noch nicht allzu viel zu sehen: Die Finanzmärkte, an denen die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen in den letzten Wochen schon deutlich angestiegen waren, blieben einigermaßen gelassen. Vielleicht auch, weil Italiens Regierung noch Zeit hat und weil unklar ist, ob es die EU-Kommission am Ende wirklich auf die große Auseinandersetzung ankommen lässt.
Luigi di Maio, Arbeitsminister, Chef der Fünf Sterne-Bewegung und ebenfalls nicht kompromissbereit, sieht es positiv:
Ich sehe, dass die Finanzmärkte Italien wohlgesonnener sind als einige europäische Institutionen. Ich glaube, dass in den nächsten Monaten - wenn wir den Märkten immer mehr erklärt haben, was wir für Italien machen, und der Kommission, warum kein Verletzungsverfahren in Gang gebracht werden darf - die Zinsaufschläge sinken werden.
So hofft man in Rom. Doch Hoffnung ist keine wirtschaftspolitische Strategie, hat Mario Draghi, der Chef der Europäischen Zentralbank, einmal gesagt. Und der ist immerhin auch Italiener.