Haushaltsstreit Italiens Kampfansage an die EU
Italiens Innenminister Salvini schert sich nicht um die von der EU auferlegte Schuldengrenze. Weil Brüssel das Land zum Sparen aufgefordert hat, deutet sich nun eine Kraftprobe an.
Defizitregeln, Staatsverschuldung, der warnende Brief der EU-Kommission im Haushaltsstreit - Italiens Innenminister Matteo Salvini von der rechten Lega ist das alles egal. Oder wenigstens tut er so:
Die Zeit der Briefchen aus Brüssel ist vorbei, vorbei ist die Zeit des: Du warst böse und musst dich hinter die Tafel stellen. Und bleibst die nächsten zehn Jahre ein armer Arbeitsloser, weil so die europäischen Regeln sind. Nein!
Es war eine Kampfansage von Salvini an die EU, kurz nach den Europawahlen, bei denen seine Partei in Italien erstmals stärkste Kraft wurde. Die EU schreibt vor, dass die Neuverschuldung eines Landes höchstens drei Prozent betragen darf - Salvini will diese Regel abschaffen. Und obwohl Italiens Staatsverschuldung bei über 130 Prozent liegt, also mehr als doppelt so hoch, wie die EU erlaubt: Sparen will Salvini eigentlich nicht, stattdessen Jobprogramme mit neuen Krediten finanzieren, denn:
Die einzige Maßnahme, um die Schulden zu reduzieren, ist in die Arbeit zu investieren.
Kein Geld für Salvinis Prestigeprojekte
Und dann ist da noch das Prestigeprojekt der Lega: die Einheitssteuer. 15 Prozent soll die betragen, für alle. Ein Vorhaben, das rund 30 Milliarden Euro kosten dürfte. Auf die Frage, woher das Geld kommen soll, antwortet Salvini: Durch das von ihm erwartete Wirtschaftswachstum habe Italien die Milliardenausgaben schnell wieder drin.
Der Gouverneur der italienischen Zentralbank, Ignazio Visco.
Das sehen nicht alle so, auch Ignazio Visco nicht, der Chef der italienischen Notenbank. Er glaubt: Das öffentliche Defizit zu erhöhen, dürfte nicht sonderlich wirksam, möglicherweise sogar schädlich sein. Und Visco warnt davor, alle Schuld dafür, dass Italiens Wirtschaft einfach nicht richtig wachsen will, auf die EU zu schieben.
Die Wachstumsschwäche Italiens in den letzten zwanzig Jahren liegt weder an der EU noch am Euro. Fast alle Mitgliedsstaaten haben es besser gemacht als wir. Das, was heute manchmal als Kosten der Teilnahme am Euro gesehen wird, ist in Wirklichkeit das Resultat unserer verspäteten Reaktion auf den technologischen Wandel und der globalen Öffnung der Märkte.
Contes Ultimatum
Und Italiens parteiloser Ministerpräsident Giuseppe Conte? Der wird von vielen nur als Marionette gesehen. Doch jetzt hat Conte sich deutlich positioniert, hat die populistische Koalitionsregierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung zur Ordnung gerufen, hat mit Rücktritt gedroht. Und sich dabei auch zu den Schuldenregeln der EU bekannt:
Ein ausgeglichener Staatshaushalt wird uns nicht nur von den europäischen Regeln auferlegt, die in Kraft bleiben, bis wir es schaffen, sie zu ändern. Sondern von der Tatsache, dass wir unsere Staatsschulden auf den Märkten finanzieren müssen. Deswegen sind wir abhängig von dem Vertrauen der Investoren.
Aber da war das Antwortschreiben von Italiens Wirtschaftsminister Giovanni Tria auf den mahnenden Brief der EU-Kommission schon abgeschickt, nach einigem Hin- und Her und offenbar mehrmals umgeschrieben. Darin: Nicht viel mehr als wachsweiche Versprechungen: Dass Italien seine Ausgaben überprüfen werde, dass der Haushalt im kommenden Jahr im Einklang mit den Defizit-Regeln der EU stehen werde. Und so wartet Italien gespannt darauf, ob diese Aussagen der EU-Kommission reichen werden.