Ringen um den Brexit-Deal Macron fordert klare Ansage von Johnson
Nach seinem Besuch in Berlin will der britische Premier Johnson bei Frankreichs Staatschef Macron für seinen Brexit-Kurs werben. Doch der macht deutlich: Eine Neuverhandlung auf Basis der britischen Vorschläge sei "keine Option".
Der britische Premierminister Boris Johnson will in Frankreich mit Staatspräsident Emmanuel Macron über seinen Brexit-Kurs reden. Er möchte Änderungen am EU-Austrittsabkommen mit Brüssel erreichen - ist damit bislang aber auf Ablehnung gestoßen. Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron erwartet Johnson in Paris zu einem Mittagessen.
Macron fordert von Johnson Erläuterungen zu dessen Brexit-Plänen. Eine Neuverhandlung des EU-Austritts auf der Grundlage der britischen Vorschläge sei "keine Option", sagte Macron vor Journalisten. Insbesondere der Verzicht auf die Vereinbarungen zur Gestaltung der Grenzkontrollen zwischen Irland und dem britischen Nordirland sei impraktikabel, erklärte er weiter. Sollte es zu einem ungeregelten Ausscheiden Großbritanniens aus der EU kommen, sei dies auf die Regierung in London zurückzuführen und nicht auf die Europäische Union.
Frankreich rechnet mit Chaos-Brexit
Johnson hat sich verpflichtet, Großbritannien am 31. Oktober aus der EU zu führen - mit oder ohne Abkommen. Frankreich sieht einen ungeregelten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union - also einen Brexit ohne Abkommen - inzwischen als sehr wahrscheinlich an.
In einem Brief an EU-Ratschef Donald Tusk hatte Johnson offiziell die Streichung der von der EU verlangten Garantieklausel für eine offene Grenze in Irland gefordert. Anstelle dieses sogenannten Backstops stellte er andere "Verpflichtungen" Großbritanniens in Aussicht. Was damit gemeint ist, ließ er offen.
Merkel will geordneten Brexit
Gestern war Johnson zum Antrittsbesuch in Berlin. Dort hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel erneut für einen geordneten Austritt Großbritanniens aus der EU geworben. Allerdings sei man auch auf einen nicht verhandelten Brexit vorbereitet, sagte Merkel.
Auch Johnson sagte, er wolle einen verhandelten Austritt. "Wir schaffen das", fügte er in Anspielung auf einen Satz Merkels in der Flüchtlingskrise hinzu. Der Premier hob die Bedeutung der britisch-deutschen Beziehungen hervor und betonte die Gemeinsamkeiten, die beide Länder verbinde.
Seinen Worten zufolge gibt es gute Chancen auf einen geordneten Brexit - vorausgesetzt, dass die EU auf den sogenannten Backstop verzichte. Johnson sagte: "Der Backstop weist große, große Mängel auf für ein souveränes, demokratisches Land wie das Vereinigte Königreich. Er muss einfach gestrichen werden."
Merkel und Johnson beim Abspielen der Nationalhymnen im Kanzleramt.
Merkel: Lösung des Irland-Problems möglich
Eine Lösung des Irland-Problems bis zum geplanten EU-Austritt Großbritanniens Ende Oktober hält Merkel für möglich. Der sogenannte Backstop sei nur als Übergangsregel für die nicht endgültig gelöste Irland-Frage gedacht gewesen, sagte sie. Man sei bislang davon ausgegangen, eine endgültige Lösung in den nächsten zwei Jahren zu finden. "Aber man kann sie vielleicht ja auch in den nächsten 30 Tagen finden. Warum nicht? Dann sind wir ein ganzes Stück weiter", sagte Merkel.
Der Backstop sieht vor, dass Großbritannien so lange Teil einer Zollunion mit der EU bleiben soll, bis eine andere Lösung gefunden ist, die Kontrollen überflüssig macht. Für Nordirland sollen zudem teilweise Regeln des Europäischen Binnenmarkts gelten. Die Brexit-Hardliner in Johnsons Tory-Partei fürchten, dass Großbritannien durch den Backstop dauerhaft eng an die EU gebunden bleiben könnte. Eine eigenständige Handelspolitik wäre so unmöglich.