Juncker kündigt Verfahren an EU wird gegen Pkw-Maut vorgehen
Gut drei Wochen ist es erst her, dass der Bundesrat die Pkw-Maut beschlossen hat - und die EU macht offenbar Ernst: Die Kommission werde ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eröffnen, sagte Kommissionschef Juncker jetzt.
Die EU-Kommission will gegen die Bundesrepublik ein Vertragsverletzungsverfahren wegen des Mautgesetzes eröffnen. Brüssel habe "erhebliche Zweifel", dass das Gesetz das Prinzip der Nicht-Diskriminierung erfülle, sagte Kommissionschef Jean-Claude Juncker der "Süddeutschen Zeitung". "Diese Zweifel muss die Kommission in einem Vertragsverletzungsverfahren klären, wenn nötig, vor dem Europäischen Gerichtshof".
Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt wies die Kritik der EU-Kommission am deutschen Pkw-Maut-Gesetz zurück. "Falls es aus Brüssel dazu Bemerkungen gibt, sollte die Kommission detailliert sagen, was ihr an den Gesetzen nicht gefällt", forderte der CSU-Politiker. Pauschal-Kritik aus Brüssel sei nicht akzeptabel. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum die Einführung einer Pkw-Maut in Deutschland nicht möglich sein solle, während fast überall in Europa Mautgebühren bereits Realität seien.
In Deutschland hatte die Maut Anfang Mai mit dem Bundesrat die letzte parlamentarische Hürde genommen. Das Vorhaben ist umstritten, da unter dem Strich nur Ausländer die Gebühr zahlen müssen. Die Abgabe soll auf Autobahnen und Bundesstraßen erhoben werden. Deutsche Fahrzeughalter müssen automatisch eine Jahresvignette kaufen, die im Schnitt 74 Euro kosten wird. Sie werden aber in gleicher Höhe über die Kfz-Steuer entlastet. Da EU-Vertragsverletzungsverfahren meist länger als ein Jahr dauern, wird damit gerechnet, dass die Bundesregierung an ihrem Plan der Einführung der Maut Anfang 2016 festhält.
Grüne rechnen mit Erfolg der Klage
Die Grünen gehen davon aus, dass die EU-Kommission Erfolg haben wird und die Maut zwar eingeführt, die Kompensation für Deutsche allerdings gestrichen wird. "Der Europäische Gerichtshof wird das Gesetz kippen", sagte ihre Verkehrspolitikerin Valerie Wilms in der "Welt" voraus. Dann werde Verkehrsminister Dobrindt als der Minister in die Geschichte eingehen, "der die Maut nicht für Ausländer, sondern für alle eingeführt hat". Es sehe fast so aus, als ob es Dobrindt bewusst darauf abgesehen habe. "Das Maut-Gesetz ist ein Rechtsbruch mit Ansage."
Baden-Württembergs Grünen-Verkehrsminister Winfried Hermann bekräftigte seine Kritik an dem Vorhaben. "Es war absehbar, dass die EU eine vollständige Kompensation der Pkw-Maut zugunsten der deutschen Autofahrer als rechtswidrig einstufen wird", sagte er in Stuttgart. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Europäischen Parlament, Michael Cramer, legte Bundespräsident Gauck nahe, das umstrittene Gesetz nicht zu unterschreiben. Auch der Rechtsdienst des Bundestages habe die Maut für Ausländer als rechtswidrig eingestuft, so Cramer: "Dieser Irrsinn muss gestoppt werden."