Juncker trifft Putin in St. Petersburg Vorsichtiger Schritt der Annäherung
EU-Kommissionschef Juncker wird heute zum Wirtschaftsforum in St. Petersburg erwartet. Dort wird er auch Russlands Präsident Putin treffen. Verhandlungen über die Sanktionen wird es nicht geben. Dennoch werten viele den Besuch als eine vorsichtige Annäherung.
Die zweite Juni-Hälfte gilt als schönste Zeit in Sankt Petersburg. Vor allem die Weißen Nächte sind legendär, die Sonne verschwindet nur kurz hinter dem Horizont, das sorgt für eine ganz besondere Atmosphäre. Kein Zufall, dass Wladimir Putin Wirtschaftschefs und Spitzenpolitiker alljährlich zu dieser Zeit in seine Heimatstadt einlädt.
German Gref, enger Vertrauter des russischen Präsidenten und Chef der Sberbank, Russlands größter Bank, meint: "So ein Forum kann man nicht in Moskau veranstalten. Moskau ist eine unterkühlte Stadt, gut für Unternehmer. Aber um zu zeigen, wofür Russland eigentlich steht, passt Sankt Petersburg am besten. Die Stadt verbindet man mit den Weißen Nächten und seinem Kulturangebot. Das war die Idee."
Geschäfte und Politik in schwierigen Zeiten
Doch so romantisch die Weißen Nächte sein mögen - in St. Petersburg geht es von heute an vor allem um Geschäfte und Politik in schwierigen Zeiten. Die Wirtschaftskrise hat Russland fest im Griff, und der Konflikt zwischen Moskau und dem Westen schwelt weiter. Dass EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in angespannter Lage nach Petersburg reist, sehen manche in der EU als sinnvollen Schritt der Annäherung. Andere fordern, gegenüber Russland hart zu bleiben.
Über seine Sprecherin ließ Juncker in Brüssel klarstellen: "Ich finde es sehr wichtig, dass wir wenigstens in Wirtschaftsfragen versuchen, uns auf Russland zuzubewegen. Aber ich kann versichern: Es wird keine Aufweichung der europäischen Positionen geben in Sankt Petersburg." Es gehe darum, der russischen Führung mögliche Perspektiven der weiteren Zusammenarbeit zu zeigen, heißt es in Brüssel vorsichtig.
Konkrete Projekte voranbringen
Das Gespräch erleichtern dürfte, dass Juncker ein guter Kommunikator ist und Putin schon lange kennt. Konkret verhandeln - etwa über die Frage der Sanktionen - kann und wird Juncker mit Putin nicht. Das weiß man auch in Moskau. Doch setzt man darauf, jenseits der Konflikte gemeinsame Projekte voranzubringen - etwa eine weitere Gas-Pipeline durch die Ostsee von Russland nach Deutschland.
Der russische Präsident sagte kürzlich mit Blick auf das Wirtschaftsforum: "Es gibt den Willen, das Erreichte der letzten Jahre nicht zu verlieren, sondern weiterzuentwickeln. Alle haben daran Interesse und sehen, dass wir dafür alle Bedingungen schaffen. Ich denke, unsere Partner werden aus ganz pragmatischen Gründen herkommen."
Die Vereinigung Europäischer Unternehmer begrüßte es, dass Kommissionspräsident Juncker nach Petersburg kommt. Es gebe zwar viele Probleme, doch sitze man schließlich auf demselben Kontinent, heißt es von dem Verband. Das kann man wohl nirgendwo besser spüren als in St. Petersburg, wo sich Russland am europäischsten zeigt.