Neuer EU-Kommissionschef Juncker hat's geschafft
Das EU-Parlament hat der Ernennung von Juncker zum EU-Kommissionspräsidenten zugestimmt. Der Nachfolger des Portugiesen Barroso versprach einen Neustart der EU und legte den Abgeordneten dafür bereits einen Plan vor.
Jean-Claude Juncker wird neuer EU-Kommissionspräsident. Für den früheren luxemburgischen Regierungschef stimmten in Straßburg 422 Abgeordnete, 250 votierten gegen ihn, wie Parlamentspräsident Martin Schulz mitteilte. Demnach enthielten sich 47 Parlamentarier. Notwendig war eine Mehrheit der Mandate - also 376 Ja-Stimmen.
Juncker kann damit Nachfolger des derzeitigen Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso werden, dessen Mandat am 31. Oktober ausläuft. Dieser gratulierte seinem Nachfolger über Twitter: "Herzlichste Glückwünsche an Juncker für seine Wahl zum nächsten Präsidenten der EU-Kommission."
Schulz wünschte Juncker viel Erfolg und gab ihm mit auf den Weg, er solle sich nicht nur über seine Unterstützer im Parlament, sondern auch über seine Gegner freuen. "Denn ohne Gegner kein eigenes Profil."
Wichtiger Sieg fürs Parlament
Zum ersten Mal in der Geschichte der EU wurde damit das Resultat der Europawahl berücksichtigt, bei der Juncker als Kandidat der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) das beste Ergebnis eingefahren hatte. Darauf hatten mehrere Fraktionen im Europaparlament bestanden. Die Staats- und Regierungschefs der EU, die bisher die Kommissionspräsidenten immer unter sich ausgehandelt hatten, gaben unter dem Druck des Parlaments schließlich nach und nominierten den Luxemburger Ende Juni für den Brüsseler Spitzenposten - gegen den Widerstand Großbritanniens und Ungarns.
Der Vorsitzende der EVP-Fraktion Manfred Weber (CSU) sprach von einem "historischen Tag". Diese Wahl habe die EU demokratischer gemacht. Die Nominierung Junckers sei "eine Wende, eine kleine Revolution", betonte im Namen der Sozialdemokraten deren Chef Gianni Pittella. Erstmals sei bei der Besetzung der Kommissionsspitze der Wählerwille berücksichtigt worden.
Junkers Zehn-Punkte-Plan für einen Neustart
Zuvor hatte Juncker im Straßburger Plenarsaal einen "Neustart" für die EU versprochen. Europa sei "zurückgefallen" und brauche eine "breit aufgestellte Reformagenda", stellte er klar und legte den Abgeordneten einen Zehn-Punkte-Plan vor. Dieser sieht unter anderem eine Investitionsoffensive für mehr Wachstum und die Schaffung neuer Arbeitsplätze vor. Dafür will Juncker in den kommenden drei Jahren öffentliche und private Investitionen von Höhe von 300 Milliarden Euro mobilisieren.
Buhrufe gab es aus den Reihen euroskeptischer Briten, als Juncker sagte, dass der Euro "Europa, seine Wirtschaft, und seine Bürger schützt".
Der 59-jährige Christdemokrat wird nun in den kommenden Wochen seine Kommission zusammenstellen. Jeder der 28 EU-Staaten nominiert einen Kommissar, der künftige Kommissionspräsident entscheidet aber über die Zuteilung der Ressorts. Anschließend werden die designierten Kandidaten in den jeweils zuständigen Ausschüssen angehört, was im September oder Oktober geschehen soll.
Vor ihrem Amtsantritt am 1. November hat die gesamte Kommission noch eine letzte Hürde zu nehmen - das Kollegium benötigt die Zustimmung des Europaparlaments. Das Votum darüber soll nach bisheriger Planung am 22. Oktober erfolgen.