Europawahl 2024
Wahl des EU-Kommissionspräsidenten Cameron soll Austritt angedroht haben
Im Ringen um den neuen EU-Kommissionspräsidenten soll Großbritanniens Premier Cameron mit dem EU-Austritt Großbritanniens gedroht haben. Dem "Spiegel" zufolge wollte er so die Wahl des Spitzenkandidaten Juncker verhindern.
Großbritanniens Premierminister David Cameron soll nach Informationen des Nachrichtenmagazins "Spiegel" mit einem EU-Austritt seines Landes gedroht haben. Er habe damit die Wahl des konservativen Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker verhindern wollen.
Beim EU-Gipfel am vergangenen Dienstag habe Cameron unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Warnung unter Druck gesetzt, er könne bei einem Votum für Juncker den Verbleib Großbritanniens in der EU nicht länger garantieren. Unter Berufung auf Teilnehmerkreise berichtet das Magazin, Cameron befürchte eine Destabilisierung seiner konservativ-liberalen Regierung.
In der Folge müsse möglicherweise das für 2017 geplante Austrittsreferendum vorgezogen werden, das mit großer Wahrscheinlichkeit zu einem Nein der Briten zur EU-Mitgliedschaft führen werde. Cameron steht unter Druck konservativer Parteifreunde, aber auch der rechtspopulistischen und europakritischen Partei UKIP, die bei der Europawahl mehr als ein Viertel der Wählerstimmen gewonnen hatte.
Außerdem habe Cameron, so der "Spiegel", die seit drei Jahrzehnten währende Präsenz Junckers in der europäischen Politik als Argument angeführt: "Ein Gesicht der 80er-Jahre kann nicht die Probleme der nächsten fünf Jahre lösen."
Grüne liebäugeln mit Juncker
Mehrere Grünen-Politiker signalisierten dagegen ihre Bereitschaft, den konservativen Spitzenkandidaten Jean-Claude Juncker im Machtpoker um den Posten des EU-Kommissionspräsidenten zu unterstützen.
Seine Partei sei grundsätzlich bereit, Juncker zu wählen, sagte der Grünen-Europabgeordnete Sven Giegold im Deutschlandfunk. Allerdings müssten vier Forderungen erfüllt sein: Eine echte europäische Energie- und Klimapolitik, keine neuen Genmais-Pflanzen in Europa, eine Entschärfung des Freihandelsabkommen (TTIP) mit den USA und ein neuer Aufbruch in der europäischen Demokratie.
Cohn-Bendit: Juncker steht für Weiterentwicklung
Deutlichere Worte für Jucker fand der scheidende Vorsitzende der Grünen im EU-Parlament, Daniel Cohn-Bendit. Er rief seine Partei zur Unterstützung des Konservativen auf. Zwar habe er "viel zu kritisieren an Juncker", sagte Cohn Bendit der "Frankfurter Rundschau". Er rate den Europaabgeordneten aber, sich hinter Juncker zu stellen. "Denn dann erleben wir wirklich die Weiterentwicklung der europäischen Demokratie."
Zurückhaltender äußerte sich Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner: Entscheidend für das Abstimmungsverhalten seiner Partei seien die Inhalte, sagte er am Rande des kleinen Parteitages der Grünen. Es sei jedoch klar, dass einer der Spitzenkandidaten bei der Europawahl Chef der EU-Kommission werde müsse. Die großen europäischen Parteienfamilien waren bei der Abstimmung erstmals mit europaweiten Spitzenkandidaten in den Wahlkampf gezogen, die als Anwärter für den Posten des Kommissionspräsidenten gelten.
Ska Keller: Unterstützung nur mit grüner Agenda
Die eigene Spitzenkandidatin der Grünen, Ska Keller, hatte noch am Wahlabend betont, ihre Zustimmung nur einem Kandidaten zu geben, der sich für grüne Ideen und Inhalte einsetze. Wenn Juncker grüne Stimmen haben wolle, müsse er mit einem Vorschlag zur Fraktion kommen und sagen, wie er grüne Ideen und grüne Vorschläge umsetzen wolle, hatte Keller gesagt. "Ohne eine grüne Agenda wird er die Unterstützung der Grünen nicht bekommen."
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich nach einigem Hin und Her ebenfalls für Juncker als neuen Kommissionspräsidenten stark gemacht. Sie führe "jetzt alle Gespräche genau in diesem Geiste, dass Jean-Claude Juncker auch Präsident der Europäischen Kommission werden sollte", sagte Merkel auf dem Katholikentag in Regensburg.