Referendum in Katalonien EU als Streitschlichter? Eher nicht
Wenn zwei sich streiten, hilft oft die vermittelnde Stimme eines Dritten. So wird beim Streit um das Unabhängigkeitsreferendum der Ruf nach der EU als Mediatorin lauter. Doch die hält sich noch heraus - wohl weil sie sich nicht die Finger verbrennen will.
Eigentlich wird in der EU-Kommission gern und viel geredet. Doch im Konflikt zwischen Katalonien und Spanien gibt sich die Brüsseler Behörde auffallend wortkarg. "Wir respektieren die spanische Verfassung", sagte Vize-Kommissionschef Franz Timmermans kurz und knapp.
In Artikel 2 der spanischen Verfassung steht: Spanien ist ein unteilbares Land. Rechtlich gesehen ist eine Abspaltung Kataloniens von Spanien also nicht möglich.
Der Streit über das Unabhängigkeitsreferendum ist mittlerweile bis nach Brüssel geschwappt. Die EU-Kommission soll sich als Vermittlerin einschalten, fordern viele. Zu ihnen gehört auch die Europaabgeordnete Ska Keller von den Grünen. "Ich hoffe sehr, dass die Kommission Gespräche fordert, und auch vielleicht als Mediator eingreift in diesen Konflikt", sagt sie.
Konflikt zu heiß
Doch in EU-Kommission mischt sich in der Regel nicht in innere Angelegenheiten eines Mitgliedslandes ein. Und: Sie will sich an diesem heißen Konflikt wohl auch nicht die Finger verbrennen. Die Brüsseler Behörde vermittelt in der Regel nur zwischen zwei Mitgliedsstaaten, hin und wieder auch mal zwischen zwei Nicht-EU-Ländern.
"Über die Frage der Vermittlung haben wir schon ein paar Mal gesprochen und wir haben dem nichts Weiteres hinzufügen", sagte ein Kommissionssprecher leicht entnervt.
Die EU-Kommission könnte nur dann als Mediatorin auftreten, wenn Spanien und Katalonien sie darum bitten würden, sagt die SPD-Europaabgeordnete Evelyne Gebhardt. "Vermittler kann man nur sein, wenn es auch wirklich gewünscht wird. Aber zu sagen - 'Jetzt kommen wir zu euch, und ihr macht, was wir vorschlagen' - das kann nicht funktionieren. Das hat noch nie zwischen Staaten oder Menschen funktioniert. Ich würde mir wünschen, dass sie das wünschen. Aber bisher ist es noch nicht geschehen."
Zentralregierung als Profiteur?
Dass die EU zum Streitschlichter wird, ist auch erst einmal nicht in Sicht. Zwar hatten katalanische Politiker die Kommission darum gebeten, aber die spanische Zentralregierung in Madrid nicht. Beobachter nehmen wahr, dass sie vom Streit mit Katalonien profitiert.
Die katalanischen Abspalter seien vielen Spaniern zu einem Feindbild geworden. Diese Bürger rückten nun hinter der Regierung in Madrid enger zusammen. Da ist es eher unwahrscheinlich, dass sich der konservative spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy diesen Rückenwind durch Brüssel nehmen lässt. Er will die Abspaltungsfrage gerichtlich klären lassen.
Diplomatie, keine Gewalt
Madrid habe Recht, meint der Präsident des Europaparlaments Antonio Tajani aus Italien, ebenfalls ein Konservativer. Es sei aber auch wichtig, dass nach dem Referendum in Spanien auf politischer Ebene gesprochen werde.
Eine große Hoffnung sei, dass es beim Referendum in Katalonien ruhig bleibe und nicht zu brutalen Ausschreitungen komme. Das sei eine politische Diskussion und die dürfe nicht in Gewalt umschlagen, meint Tajani.
Für viele in Katalonien geht es um die Unabhängigkeit von Spanien. Für Spanien geht es darum, dass das Land nicht auseinanderfliegt. Und für die EU ist wichtig, dass Katalonien nicht zum Vorbild für andere Regionen wird, die sich ebenfalls abspalten wollen - wie Südtirol von Italien, Korsika von Frankreich oder Flandern von Belgien. Eine Zersplitterung der EU in Kleinstaaten - für Brüssel ist das ein Alptraum.