EU diskutiert Position zu Russland "Die Zeit für Sanktionen ist noch nicht gekommen"
Der EU-Sondergipfel kommende Woche wird wohl keine Sanktionen gegen Russland beschließen - das kündigte zumindest die französische Ratspräsidentschaft an. Auch Außenminister Steinmeier empfahl, besser zu einem normalen Verhältnis mit Russland zurückzukehren.
Die französische EU-Ratspräsidentschaft ist Spekulationen entgegengetreten, der Sondergipfel am kommenden Montag könnte wegen der Kaukasus-Krise Sanktionen gegen Russland verhängen. Die Zeit dafür sei "sicherlich noch nicht gekommen", sagte ein ranghoher französischer Diplomat, der namentlich nicht genannt werden wollte.
Es war der französische Außenminister Bernard Kouchner selbst, der gesagt hatte, "einige Länder" würden Sanktionen wegen des Vorgehens von Russland in Georgien fordern. Damit hatte er die Diskussion in Gang gebracht. Kouchner selbst betonte später allerdings, dass er sich damit nicht für solche Bestrafungen ausgesprochen habe.
Die Meinungen gehen auseinander
Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier lehnte Sanktionen ab. Er warnte davor, den Dialog mit Moskau auszusetzen. "Auch in dieser ernsten politischen Lage gilt es, einen Rest von Vernunft walten zu lassen. Wir werden über den Tag hinaus Russland als Nachbarn behalten, und es ist in unserem eigenen Interesse, zu einem normalen Verhältnis zurückzukehren", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".
Es werde jedoch entscheidend darauf ankommen, ob Russland den Sechs-Punkte-Friedensplan umsetzte, betonte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Der Plan sieht unter anderem den Rückzug der russischen Truppen von georgischem Territorium vor. Beim EU-Sondergipfel strebe Bundeskanzlerin Angela Merkel ein "deutliches politisches Signal der Geschlossenheit" der EU an. Die Kanzlerin führe dazu eine Reihe von Gesprächen mit den Kollegen in den Mitgliedsländern.
Dies ist vor allem mit den osteuropäischen Partnern notwendig, da diese angesichts des Vorgehens der russischen Truppen in Georgien harte Maßnahmen gegen Moskau fordern. So will Polens Präsident Lech Kaczynski nach Informationen der Zeitung "Dziennik" beim EU-Gipfel für Sanktionen der EU-Mitgliedsstaaten gegen Russland werben.
Russland will Öllieferverträge einhalten
Gerüchten, Russland plane, seine Öllieferungen in den Westen als Reaktion auf drohende EU-Sanktionen zu drosseln, trat ein Sprecher der Regierung in Moskau entgegen. Russland werde die mit dem Ausland eingegangenen Lieferverträge für Energie erfüllen. Regierungssprecher Wilhelm bestätigte in Berlin, dass es keine Anzeichen dafür gebe. "Wir gehen fest davon aus, dass die Verträge eingehalten werden", betonte Wilhelm.
Moskau und Tiflis kappen Verbindungen
Georgien kündigte inzwischen an, die diplomatischen Beziehungen zu Moskau vorerst komplett abzubrechen. Am Samstag werde das gesamte diplomatische Personal aus der georgischen Botschaft in der russischen Hauptstadt abgezogen, so das Außenministerium in Tiflis an.
In einer ersten Reaktion bedauerte das russische Außenministerium in Moskau die Entscheidung, kündigte aber inzwischen nach Angaben der Agentur Ra Novosti auch an, die Botschaft in Tilfis zu schließen und nur noch den konsularischen Dienst aufrecht zu erhalten.
Dauerhafte russische Militärbasen geplant?
Unterdessen meldete die Nachrichtenagentur Interfax, dass Russland dauerhafte Militärstützpunkte in den abtrünnigen georgischen Provinzen Südossetien und Abchasien einrichten wolle. Ein entsprechendes Abkommen mit Südossetien solle in der kommenden Woche unterzeichnet werden. Interfax beruft sich dabei auf den stellvertretenden Parlamentspräsidenten der Provinz, Tarsan Kokoity. Angeblich sollen Militärbasen aus Sowjetzeiten reaktiviert werden.
Der südossetische Parlamentspräsident, Snaur Gassijew, kündigte wiederum an, dass Russland das Gebiet im Lauf der kommenden Jahre "absorbieren", also in das russische Territorium aufnehmen, wolle. So seien in dieser Woche Russlands Präsident Dimitri Medwedjew und der Führer Südosstiens, Eduard Kokoiti, nach einem Treffen in Moskau verblieben.