Treffen von Kim und Putin Die Zweckgemeinschaft
Die allerbesten Freunde sind sie nicht. Doch für Russlands Präsident Putin und Nordkoreas Machthaber Kim könne bei einem Treffen einiges herausspringen, sagen Experten. Sie warnen vor einer gefährlichen Kooperation.
Richtig dicke Freunde sind Nordkorea und Russland zwar nicht, aber manchmal ist anderes eben wichtiger. Aus Sicht von Sydney Seiler, langjähriger Geheimdienstexperte und Sondergesandter der Sechs-Parteien-Gespräche für eine Abrüstung Nordkoreas, ist jetzt vielleicht so ein Moment da.
Kim Jong Un und Wladimir Putin könnten ein Waffengeschäft vereinbaren, mutmaßten die USA. Seiler hält das durchaus für möglich. "Ich glaube, dass es eine Dimension gibt, die einerseits von Verzweiflung und andererseits von Opportunismus getrieben ist", sagt er. Dennoch werde die Substanz dessen, was Nordkorea von Russland erhalte, entscheidend sein für seine strategischen Auswirkungen. "Sind es Lebensmittel? Sind es Vorräte? Handelt es sich um Material, das notwendig ist, um Fabriken wieder in Betrieb zu nehmen oder Munitionsfabriken zu versorgen?", fragt Seiler.
Eine gefährliche Kooperation
Oder ist Russland wirklich darauf aus, Nordkoreas nukleare Fähigkeiten zu verbessern? Das könnte eine gefährliche Kooperation werden. Nordkoreas Machthaber jedenfalls hat in den vergangenen Wochen auffällig häufig Munitionsfabriken besichtigt. Im Juli besuchte Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu Pjöngjang.
"Nordkorea verfügt über einen großen Vorrat an Munition, der Russland helfen könnte. Es stellt sich die Frage, inwieweit die Munition nutzbar ist", sagt die frühere CIA-Mitarbeiterin Su Mi Terry, die auch Beraterin der Denkfabrik CSIS ist.
Nordkoreanische Waffen sind mit russischen kompatibel
Nordkorea verfügt nach Ansicht von Experten über eines der größten Waffen- und Munitionsarsenale der Welt. Und nordkoreanische Waffensysteme sind weitgehend mit den russischen kompatibel. "Ich bin sehr besorgt über einen möglichen russischen Technologietransfer nach Nordkorea", sagt Terry. "Es beunruhigt mich, dass Nordkorea sein Waffenprogramm weiter ausbauen könnte."
Für Victor Cha geht es Nordkoreas Diktator noch um mehr. Der gescheiterte Gipfel mit Trump in Hanoi 2019 sei für ihn eine Blamage gewesen, sagt der frühere Berater für Nordkorea von US-Präsident Georg W. Bush und Vizepräsident der Denkfabrik CSIS. Ein Treffen mit Putin würde Kim auch innerparteilich stärken.
Putin kann Biden das Leben schwer machen
Auch für den russischen Präsidenten sieht er noch andere Interessen: So wie US-Präsident Biden Putin das Leben in der Ukraine schwer mache, könne auch Putin Biden das Leben schwer machen, "indem er sagt, dass das, was ihr in der Ukraine mit der NATO macht, nicht nur Auswirkungen auf Europa haben wird, sondern auch auf die Vereinigten Staaten, auf Asien, auf die koreanische Halbinsel".
Cha sagt, er glaube nicht, dass dies die primär treibenden Faktoren sind. "Aber ich denke, sie sind eindeutig Teil des Kalküls, vor allem auf einer hohen Ebene." Gerade jetzt, wo der US-Präsident die Regierungschefs Japans und Südkoreas nach Camp David eingeladen hatte.
Seiler: Moskau und Peking von der Gefahr Nordkoreas überzeugen
Für den langjährigen Korea-Kenner Sydney Seiler kann es international nur eine Lösung geben: mehr diplomatische Anstrengungen. "Wir müssen ernsthafter daran arbeiten, Moskau und Peking von der Gefahr zu überzeugen, dass Nordkorea sein Programm weiter vorantreibt, zumal es in eine neue Phase der Abschreckung eingetreten ist."
Die Entwicklung taktischer Nuklearwaffen sei eine Bedrohung für den Süden und könne Kim den Eindruck vermitteln, dass er über eine brauchbare Option auf dem Schlachtfeld verfügt, sagt Seiler. Das Vorgehen von Putin in der Ukraine könne ihn in dem Glauben bestärken, dass er Gewalt anwenden kann.