Hintergrund zu kurdischen Gruppierungen Die Kurden - Freund oder Feind?
Die Kurden kämpfen an verschiedenen Fronten: Die Arbeiterpartei PKK richtet ihre Angriffe gegen die Türkei und wird als Terrorgruppe eingestuft. Im Irak und in Syrien sind kurdische Gruppierungen hingegen eine wichtige Stütze im Kampf gegen den IS. Ein Überblick.
Die Türkei hat sich nun doch zu Luftangriffen gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) entschieden und greift Lager der kurdischen Arbeiterpartei PKK gleich mit an. Mit ihnen galt bis zuletzt ein 2013 geschlossenes Friedensabkommen. Dies ist nun in Gefahr.
Die Kurden spielen eine komplexe Rolle: Auf der einen Seite richten sich die Angriffe der PKK gegen die Türkei. Die verbotene Arbeiterpartei wird von der Türkei, den USA und den europäischen Verbündeten als Terrororganisation betrachtet. Auf der anderen Seite helfen kurdische Gruppierungen dem internationalen Bündnis im Kampf gegen den IS. Dieser gefährdet die kurdischen Völker sowohl im Irak als auch in Syrien. Syrische, irakische und türkische Kurden halfen im August 2014 bei der Rettung der vertriebenen Jesiden aus dem irakischen Sindschargebirge.
Kurden in der Türkei
Die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans PKK hat einen drei Jahrzehnte langen Kampf für Unabhängigkeit und später für Autonomie und ausgeprägte Rechte für Kurden ausgefochten. Seit 1984 sind bei dem Konflikt Zehntausende Menschen getötet worden. Dennoch begann die Türkei im Bestreben nach einem Ende des Konflikts im Jahr 2012 geheime Gespräche mit dem inhaftierten PKK-Führer Abdullah Öcalan. 2013 wurden die Verhandlungen öffentlich gemacht. Die PKK verkündete wenige Monate später einen Waffenstillstand.
Der Konflikt ist damit aber noch lange nicht beigelegt. Die Kurden werfen der türkischen Führung vor, im Kampf gegen den IS um die kurdische Grenzstadt Kobane in Syrien nicht genug getan zu haben, um den syrischen Kurden zu helfen. In der Folge gab es gewalttätige Zusammenstöße, die Waffenruhe wurde belastet.
Spannungen schürte auch der IS-Selbstmordanschlag in der südtürkischen Stadt Suruc am vergangenen Montag. Dabei wurden 32 Menschen getötet. Kurdische Gruppen machten die türkische Regierung verantwortlich, weil diese aus ihrer Sicht nicht genug gegen den IS gekämpft hat.
Die Beziehung der Türkei zu den Kurden ist kontrovers: Die Regierung betrachtet die Kurden im Irak als einen Verbündeten, ist aber misstrauisch gegenüber den Kurden in Syrien, die der PKK nahe stehen.
Kurden im Irak
Fünf Millionen Kurden haben ihre eigene Regierung im teilautonomen Norden des Irak und bilden rund 20 Prozent des irakischen Volkes. Auch zur Zentralregierung in Bagdad haben sie gute Kontakte, der amtierende Staatspräsident Fuad Massum ist kurdischer Abstammung.
Es gibt zwei große irakisch-kurdische Parteien: die Demokratische Partei Kurdistans, die vom regionalen Regierungspräsidenten Massud Barsani angeführt wird, und die Patriotische Union Kurdistan, deren Chef der frühere irakische Präsident Dschalal Talabani ist.
Die kurdischen Peschmerga-Kämpfer sind in den vergangenen Monaten eine wichtige Kraft im Kampf gegen den IS gewesen. Deutschland unterstützte sie mit Waffen und anderen Ausrüstungsgüter. Zudem bildet die Bundeswehr die Peschmerga-Kämpfer aus. Die USA sind seit Jahrzehnten ein Beschützer der irakischen Kurden. Sie halfen dabei, dass die Kurden im Norden des Landes Schutz vor Diktator Saddam Hussein aufbauen konnten. Nach der US-Invasion versuchten die USA, die kurdischen Politiker mit Macht auszustatten - trotz der heiklen Rivalität zwischen den zwei großen Kurdenparteien.
Kurden in Syrien
Wie im Irak sind die Kurden auch in Syrien die größte Minderheitengruppe. Sie machen mehr als zehn Prozent der Bevölkerung aus - gemessen an den Zahlen von 2011, vor Beginn des Bürgerkriegs. Damals lebten dort insgesamt 23 Millionen Menschen. Die Partei der Demokratischen Union (PYD) ist die mächtigste politische Kraft unter den syrischen Kurdenvereinigungen. Sie ist extrem säkular und hängt mit der PKK zusammen.
Die sogenannten Volksverteidigungseinheiten (YPG) sind die wichtigsten kurdischen Streitkräfte in Syrien. Seit dem Beginn des syrischen Bürgerkriegs haben die Kurden unerwartete Gewinne erreicht. Besonders im Nordosten haben sie Reviere abgesteckt, in denen sie ihre eigene Zivilregierung verkündeten. Im Kampf um Kobani haben sie gegen den IS eine bemerkenswerte Ausdauer bewiesen und mit Hilfe von US-geführten Luftangriffen die Terrormiliz aus der Grenzstadt verdrängt. Im Juni vertrieben sie die IS-Kämpfer zudem aus ihrer Hochburg Tel Abiad. Damit büßte der IS einen Schlüsselweg für den Schmuggel von Öl und Kämpfern aus dem Ausland ein.