Protest gegen Labour-Chef Parteifreunde kehren Corbyn den Rücken
Sieben Labour-Mitglieder verlassen die Partei, weil sie mit dem Brexit-Kurs von Parteichef Corbyn unzufrieden sind und antisemitische Tendenzen kritisieren. Folgt nun der Labour-Kollaps?
Aus Protest gegen den Führungsstil von Labour-Chef Jeremy Corbyn sind sieben Mitglieder aus der größten Oppositionspartei Großbritanniens ausgetreten. Sie kritisieren vor allem den Brexit-Kurs Corbyns sowie den Umgang mit antisemitischen Tendenzen innerhalb der Partei. Die sieben Politiker wollen fortan als "unabhängige Gruppe" im Parlament vertreten sein. Ihre Abspaltung wird als weiteres Symptom einer größeren Krise des britischen Parteien-Systems gewertet.
Besonders der Rücktritt des charismatischen Abgeordneten Chuka Umunna trifft Labour hart. Der als Jungstar geltende ehemalige Parteifreund Corbyns führt eine Gruppe an, die ein zweites Brexit-Referendum fordert.
Der ehemalige Labour-Abgeordnete Chuka Umunna führt eine Gruppe Parlamentarier an, die ein zweites Brexit-Referendum fordert.
Wird Cobyns Schlingerkurs Labour zum Verhängnis?
Der Rücktritt von sieben führenden Labour-Abgeordneten gibt all denjenigen neues Futter, die bereits seit einiger Zeit das Auseinanderbrechen der Partei vorhersagen. Dabei ist es vor allem der Parteichef, der die Gemüter spaltet. Viele bemängeln, der Alt-Linke Corbyn, der auf Neuwahlen setzt, habe im Streit um den EU-Austritt zu lange keine klare Position bezogen. Ihr Hauptkritikpunkt: Ihm fehle der Enthusiasmus für die EU.
Kürzlich hatte Corbyn der britischen Premierministerin Theresa May signalisiert, seine Partei würde ihren Brexit-Plan unterstützen, falls sie beim Austritt eine Zollunion und eine Anbindung an den EU-Binnenmarkt akzeptiere. May lehnte dies strikt ab. Und angesichts der Austritte gleich sieben führender Politiker seiner Partei bleibt auch zu bezweifeln, wie viel Unterstützung Corbyn tatsächlich aus der eigenen Partei für seinen Plan bekommen hätte.
Großbritannien will die Europäische Union in knapp sechs Wochen - am 29. März - verlassen.
Anhaltende Antisemitismus-Vorwürfe
Neben dem anhaltenden Brexit-Drama sehen sich Corbyn und seine Partei zudem seit Jahren Antisemitismus-Vorwürfen ausgesetzt. Corbyn selbst räumte im vergangenen Sommer öffentlich in einem Video ein, dass Disziplinarverfahren gegen antisemitische Parteimitglieder zu langsam und zaghaft betrieben worden seien. Kritiker werfen dem 69-Jährigen eine einseitige Unterstützung der Palästinenser im Nahostkonflikt vor.
Corbyn war 2015 mit Unterstützung aus der Basis an die Parteispitze gelangt. Viele Abgeordnete lehnen den von ihm eingeschlagenen Kurs aber ab. Labour verfügte im Unterhaus bisher über 256 Sitze. Der Austritt von sieben von ihnen ist für Corbyn ein schwerer Dämpfer. So viele Abgeordnete haben sich seit Jahrzehnten nicht mehr von der Partei abgespalten. 1981 verließen vier hochrangige Mitglieder Labour, um die sozialdemokratische Partei zu gründen.