EU-Lateinamerika-Gipfel in Lima Merkel fordert mehr Engagement der Europäer
Bundeskanzlerin Merkel hat mehr Einsatz der EU in Lateinamerika angemahnt. Beim Gipfel in Lima forderte sie eine enge Zusammenarbeit und Beschlüsse zu den zentralen Themen Armut und Klimawandel. Venezuelas Präsident Chavez zeigte sich Merkel gegenüber versöhnlich.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zum Auftakt des EU-Lateinamerika-Gipfels in Lima den Ländern des Subkontinents die Unterstützung der Europäer zugesichert und mehr Engagement der EU in der Region gefordert. Es sei ersichtlich, dass "Lateinamerika große Hoffnungen in die Partnerschaft mit Europa" setze.
"Wir Europäer sind gefordert, das einzulösen", sagte Merkel. Bei vielen Problemen kommt es ihrer Meinung nach auf die Zusammenarbeit beider Regionen an. "Die Zahl der Probleme vom Welthandel über die wirtschaftliche Zusammenarbeit bis hin zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist ausgesprochen breit", sagte sie.
Schwerpunkt Armutsbekämpfung
Deshalb sei dieser Gipfel wichtig, zu dem Vertreter aus rund 60 Staaten anreisten. Allerdings blieben andere führende europäische Politiker wie Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy oder der britische Premier Gordon Brown dem Treffen fern. Neben Merkel wird die EU unter anderem durch Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero, den polnischen Premier Donald Tusk und den niederländischen Ministerpräsidenten Jan Peter Balkenende vertreten.
Schwerpunkte des Gipfels sind Merkel zufolge der Kampf gegen die Armut in Lateinamerika sowie der Klima- und Artenschutz. Europa werde auch in Zukunft Hilfe bei der Armutsbekämpfung leisten. Hierzu erwarte sie in Lima "konkrete Hinweise, was gebraucht wird, wie es gebraucht wird, damit unser Geld auch richtig angelegt ist."
Bei einem Treffen mit Perus Staatspräsident Alan Garcia hatte die Bundeskanzlerin ihrem Gastgeber zuvor die Unterstützung beim Aufbau seines neuen Umweltministeriums zugesichert. Das erste Ministerium dieser Art in Peru soll sich vor allem um Klimaschutz kümmern.
Chavez: Merkel fehlt Vernunft
Garcia kritisierte bei dem Treffen die Angriffe des venezolanischen Präsidenten Hugo Chavez im Vorfeld des Gipfels, der die Kanzlerin in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt hatte. Nur weil jemand schreie und Beleidigungen ausstoße, habe er noch lange nicht recht, sagte Garcia. Merkel kommentierte eine mögliche Begegnung mit Chavez in Lima mit den Worten: "Ich glaube, wir werden uns gut vertragen und es wird ein guter Lateinamerika-Gipfel".
Chávez hatte die Bundeskanzlerin unmittelbar vor dem Gipfel noch einmal attackiert und sie aufgefordert, sich "wie eine Staatsfrau" zu benehmen und nicht "Pfeile schießend" nach Lateinamerika zu kommen. Ihr fehle "alles, einschließlich der Vernunft". Auf die Frage, was sie davon halte, meinte Merkel, sie habe dazu "eigentlich alles gesagt".
Zu Beginn des Gipfels gab sich Chavez versöhnlich. Er ging auf Merkel zu, reichte ihr die Hand und versicherte ihr nach Angaben aus Kreise der deutschen Delegation, dass er sie nicht habe beleidigen wollen. Nach dem Gruppenfoto der Staats- und Regierungschef ging er erneut auf Merkel zu. Bei der Eröffnungssitzung saßen Chavez und Merkel weit voneinander entfernt. Gastgeber Garcia hatte die Bundeskanzlerin auf den Ehrenplatz direkt neben ihm selbst gebeten.
Streit um Biosprit
Der Gipfel steht allerdings auch im Zeichen von Spannungen zwischen mehreren lateinamerikanischen Ländern. Kolumbien wirft Venezuela die Unterstützung der für viele Entführungen verantwortlichen Rebellengruppe Farc vor. Hinzu kommt der Streit über den Ausbau der Biosprit-Produktion.
Brasilien wird von ärmeren Länder in der Region vorgehalten, dass der Anbau von Pflanzen für Bioethanol die Nahrungsmittel verknappe und die Lebensmittelpreise in die Höhe treibe. Merkel hatte in Brasilien zum Auftakt ihrer einwöchigen Lateinamerika-Reise erklärt, die Europäer würden beim Import von Biosprit künftig stärker auf eine umweltgerechte Produktion achten.
Wenig konkrete Ergebnisse erwartet
Als Ergebnis des Gipfels werden die EU und Lateinamerika voraussichtlich ihre 1999 geschlossene Partnerschaft bekräftigen. Umfangreiche neue Hilfsprogramme sind allerdings nicht zu erwarten. Mitglieder der deutschen Delegation rechnen auch nicht mit Forschritten bei dem Abschluss der seit Jahren angestrebten Freihandels- und Assoziierungsabkommen.