England und Wales Leibesvisitationen bei schwarzen Kindern häufiger
Laut der zuständigen Kinderschutzbeauftragten durchsucht die Polizei in England und Wales schwarze Kinder überproportional oft auf Drogen oder Waffen. Es gebe Beweise für eine "zutiefst besorgniserregende Praxis" und Gesetzesbrüche.
In England und Wales ist es - gemessen am Bevölkerungsanteil - für schwarze Kinder im Vergleich zu ihren weißen Altersgenossen sechsmal wahrscheinlicher, dass sie polizeilich durchsucht werden. Zu diesem Ergebnis kommt die zuständige Kinderschutzbeauftragte Rachel de Souza in einem Untersuchungsbericht.
Demnach führten Polizistinnen und Polizisten zwischen 2018 und Mitte 2022 in England und Wales insgesamt 2847 Leibesvisitationen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 17 Jahren durch. In mehr als der Hälfte der Fälle waren keine erwachsenen Vertrauenspersonen anwesend. In 95 Prozent wurden Jungen durchsucht.
De Souza sprach von "Beweisen für eine zutiefst besorgniserregende Praxis" mit einer "weit verbreiteten Nichteinhaltung" gesetzlicher Schutzmaßnahmen. Kinder und Jugendliche würden von denen, die sie schützen müssten, im Stich gelassen, kritisierte sie und forderte einen Reformplan von der Polizei.
Bericht: Orte oft unangemessen
Bei der großen Mehrheit der Fälle (86 Prozent) werden die Durchsuchten verdächtigt, Drogen dabei zu haben. Neun Prozent drehen sich um Waffen und zwei Prozent um Diebstahl. In fast einem Viertel der Fälle wurden die vermuteten Gegenstände nicht gefunden.
Dem Bericht zufolge wurden Kinder ab einem Alter von acht Jahren zudem an Orten durchsucht, die für Leibesvisitationen nicht akzeptabel seien, etwa in Vergnügungsparks, Fahrzeugen und teils vor den Augen der Öffentlichkeit. In einigen Fällen war mindestens ein Beamter oder eine Beamtin mit einem anderen Geschlecht als dem des Kindes zugegen.
Die Analyse der Kinderschutzbeauftragten war in Auftrag gegeben worden, nachdem eine 15-jährige schwarze Schülerin in ihrer Londoner Schule zum Ablegen ihrer Kleidung gezwungen worden sei, obwohl sie ihre Periode gehabt habe. Die Schülerin sei auf Drogen durchsucht und ihre Eltern nicht informiert worden. Auch Lehrerinnen sollen nicht dabei gewesen - und Drogen letztlich nicht gefunden worden sein.
Der Mut des Mädchens, zu diesem traumatischen Ereignis Stellung zu beziehen, habe zu der Veröffentlichung geführt, der eine weit verbreitete Nichteinhaltung von Richtlinien belege, so die Kinderschutzbeauftragte.
Einschränkung der Befugnisse gefordert
Im Zuge des Berichts werden gegen die britische Polizei erneut Vorwürfe wegen Diskriminierung und Demütigungen laut. Erst vor einer Woche hatte ein Untersuchungsbericht institutionellen Rassismus bei der Londoner Polizei kritisiert.
Die zuständige Hilfsorganisation der Church of England, The Children's Society, sagte, die Ergebnisse des jetzt veröffentlichten Berichts zeigten, dass schwarze Kinder "dieser traumatisierenden und aufdringlichen Praxis" überproportional ausgesetzt seien.
Der Think Tank Charity Runnymede Trust forderte, die Polizeibefugnisse für Leibesvisitationen aufzuheben. "Negative, tyrannische Begegnungen mit staatlichen Institutionen erzeugen nur weiteres Misstrauen und sind der Grund dafür, warum die Polizei in unseren Gemeinden versagt", hieß es von der Organisation.