Überschwemmungen in Darna Vereinte Nationen wollen Libyen schnell helfen
Im libyschen Darna ist nichts mehr wie es war: Wassermassen haben große Teile der Hafenstadt verwüstet, allein dort sollen mehr als 5.000 Menschen gestorben sein. Die UN wollen rasch humanitäre Hilfe zur Verfügung stellen.
Nach den katastrophalen Überschwemmungen mit Tausenden Toten mobilisieren auch die Vereinten Nationen Hilfe für Libyen. Man arbeite mit lokalen, nationalen und internationalen Partnern zusammen, "um den Menschen in den betroffenen Gebieten dringend benötigte humanitäre Hilfe zukommen zu lassen", sagte ein Sprecher des UN-Generalsekretärs António Guterres. Ein UN-Team sei vor Ort. Man kooperiere mit den Behörden, um den Bedarf zu ermitteln und laufende Hilfsmaßnahmen zu unterstützen.
Viele Menschen ins Mittelmeer gespült
Ein Sprecher des Innenministeriums der ostlibyschen Regierung teilte mit, dass allein in der besonders betroffenen Stadt Darna mehr als 5.300 Menschen gestorben seien.
Viele Opfer lägen noch unter Trümmern verschüttet oder seien ins Mittelmeer gespült worden, sagte der Gesundheitsminister der ostlibyschen Regierung, Othman Abdel Dschalil, der Nachrichtenagentur AP. Er sei fassungslos über das Ausmaß der Zerstörung. "Die Tragödie ist sehr dramatisch und übersteigt die Möglichkeiten von Darna und der Regierung."
Verlässliche Zahlen gibt es bislang kaum. Die Ambulanzbehörde von Darna gab die Zahl der Toten am Dienstag mit 2.300 an. Es dürfte jedoch noch weit mehr Opfer gegeben haben, sagte Tamer Ramadan, Leiter der Libyen-Delegation beim Internationalen Verband der Gesellschaften des Roten Kreuzes und Roten Halbmonds. Es würden noch mindestens 10.000 Menschen vermisst. Mehr als 40.000 Menschen seien vor den Wassermassen geflohen. Bislang haben Rettungskräfte dort mehr als 1.500 Leichen entdeckt.
Ganze Wohnblocks weggerissen
Darna wurde 2019 von Einheiten des einflussreichen Generals Chalifa Haftar eingenommen. Er kontrolliert große Gebiete im Osten Libyens. Die Hafenstadt wurde bereits in der Antike namentlich erwähnt. Große Teile der modernen Infrastruktur wurden in der Zeit von Machthaber Muammar al-Gaddafi gebaut - auch der nun zerstörte Staudamm oberhalb der Stadt.
Bewohner der Stadt veröffentlichten im Internet Videos von der gewaltigen Zerstörung. Am Ufer des Flusses Wadi Darna wurden ganze Wohnblocks weggerissen. Mehrstöckige Häuser, die zuvor in deutlichem Abstand zum Fluss gestanden hatten, waren teilweise eingestürzt und unter einer Schlammschicht begraben. Ein Bewohner Darnas, Ahmed Abdalla, sagte, nach dem Bruch der Dämme sei eine Wasserwand auf das Stadtzentrum zugerauscht, die alles in ihrem Weg ausgelöscht habe.
Vor Ort suchen Rettungskräfte weiter nach Überlebenden. Wegen der Wassermassen sind viele Gebiete noch von der Außenwelt abgeschnitten. Bilder aus dem kriegsversehrten Land zeigen das Ausmaß der Schäden. Neben Darna sind Städte wie Al-Baida, Al-Mardsch, Susa und Schahat betroffen. Die betroffenen Regionen wurden zu Katastrophengebieten erklärt.
Finanzzusagen unter Feinden
Die politische Lage in Libyen ist seit Jahren von Konflikt geprägt: Zwei verfeindete Regierungen - eine mit Sitz im Osten, die andere mit Sitz im Westen - kämpfen um die Macht. Die von den Vereinten Nationen anerkannte Regierung in der Hauptstadt Tripolis sagte Millionenhilfen für die Katastrophengebiete zu - obwohl sie die Gegend nicht kontrolliert. Zwei Milliarden libysche Dinar (rund 384 Millionen Euro) Unterstützung stelle die Regierung unter Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba bereit, meldete die staatliche libysche Nachrichtenagentur Lana am Dienstag. Sie rief am Montag eine dreitägige Staatstrauer aus und beschwor die "Einigkeit aller Libyer" angesichts der Katastrophe. Aus Tripolis machten sich Hilfskonvois auf dem Weg nach Osten.
Der Sturm "Daniel", der schon in Griechenland schwere Zerstörungen hinterlassen hatte, zog am Sonntag über das nordafrikanische Land mit rund sieben Millionen Einwohnern. Laut dem ARD-Meteorologen Karsten Schwanke fielen etwa an der Wetterstation Al Baida im Norden des Landes am Sonntag 414 Liter Regen pro Quadratmeter. Das sei dreimal so viel gewesen wie bei der Hochwasserkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021.