Menschen mit Mundschutz in Peking

Gefährliche Lungenkrankheit WHO-Krisensitzung wegen Coronavirus

Stand: 21.01.2020 10:42 Uhr

An der neuartigen Lungenkrankheit in China ist ein weiterer Mensch gestorben. Die WHO berief eine Krisensitzung ein.

Die Vermutung ist nun bestätigt: Die neuartige Lungenkrankheit in China kann auch von Mensch zu Mensch übertragen werden. Der chinesische Wissenschaftler Zhong Nanshan leitet das Expertenteam der Nationalen Gesundheitskommission in Peking. Über 95 Prozent der Fälle stehen im Zusammenhang mit der Stadt Wuhan, sagt er.

"Die Betroffenen waren dort oder kamen dort her", erklärt er. "Für zwei Fälle ist jetzt außerdem eine Übertragung von Mensch zu Mensch nachgewiesen worden. Ein Fall in der Provinz Kanton, der andere in Wuhan." Auch medizinisches Personal habe sich angesteckt. "Insgesamt 14 Menschen, die vorher Patienten mit dem neuartigen Coronavirus betreut hatten", so Nashan.

China bestätigt Expertenvermutung

Damit bestätigt China das, was internationale Experten schon länger vermutet haben: Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist möglich. Bislang haben die Behörden rund 220 Krankheitsfälle bestätigt, auch einen vierten Todesfall in Wuhan, ein 89-jähriger Mann.

Robert-Koch-Institut: Gefahr in Deutschland gering
Das Robert-Koch-Institut sieht in dem neuen Corona-Virus keine große Gefahr für Deutschland. Dass offenbar auch eine Übertragung von Mensch zu Mensch möglich sei, ändere nichts an dieser Einschätzung, sagte ein Sprecher.

Es gebe keine Belege dafür, dass sich der Virus einfach von Mensch zu Mensch übertrage wie bei einer Grippe. Das sei nur in bestimmten Ausnahmefällen möglich. Deshalb bleibe es bei der bisherigen Lageeinschätzung für Deutschland.

Zeng Guang ist Chef-Epidemiologe vom chinesischen Zentrum für Krankheitskontrolle und Prävention. Die Ausbreitung des Virus in Wuhan ist noch in einem frühen Stadium, sagt er. 100 Fälle in einer Stadt mit mehr als zehn Millionen Einwohnern sind eine kleine Zahl. In Alarmbereitschaft müssen sie trotzdem sein, betont er. "Wir können den Ausbruch verhindern, wenn jetzt die richtigen Maßnahmen getroffen werden."

Gesundheitsbehörden leiten Vorsichtsmaßnahmen ein

Die Gesundheitsbehörden in Wuhan haben bereits diverse Vorsichtsmaßnahmen verkündet. Neben Infrarot-Thermometern an Flughäfen, Bahnhöfen und anderen Passagier-Terminals in der Stadt werden Lebensmittelmärkte strikt überwacht.

Der Handel mit lebendem Geflügel und Wildtieren ist verboten. Großveranstaltungen werden stärker beobachtet oder gleich ganz abgesagt.

WHO beruft Notfallausschuss ein
Wegen der neuartigen Lungenkrankheit in China hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihren Notfallausschuss einberufen. Die Experten sollen am Mittwoch darüber beraten, ob eine Gesundheitsnotlage ausgerufen werden soll.

Ruft die WHO einen internationalen Gesundheitsnotstand aus, empfiehlt sie damit schärfere Maßnahmen zur Bekämpfung der Seuche. Dazu können unter anderem Grenzkontrollen, das Einrichten von spezialisierten Behandlungszentren oder mögliche Impfungen medizinischer Fachkräfte gehören.

Kein Vergleich mit dem SARS-Virus

Zhong Nanshan von Chinas Nationaler Gesundheitskommission tritt Vergleichen mit dem SARS-Virus entgegen. Es habe nur zwei Wochen gedauert, den neuen Coronavirus zu identifizieren und ein wirksames Überwachungs- und Quarantäne-System zu installieren.

Nashan erklärt weiter: "Ich denke nicht, dass es so ernste soziale und ökonomische Auswirkungen geben wird, wie bei SARS vor 17 Jahren.“

Der neue Virus stammt jedenfalls aus derselben Familie von Coronaviren, zu der auch das Schwere Akute Atemwegssyndrom (SARS) gehört. Am SARS-Virus starben 2002/2003 schätzungsweise zwischen 800 bis zu 1000 Menschen. Die chinesische Regierung hatte damals den Ausbruch der Krankheit vertuscht und längere Zeit verharmlost.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 21. Januar 2020 um 08:15 Uhr.