Gastbeitrag in Zeitungen Macron will Europa wachrütteln
"Noch nie war Europa in so großer Gefahr" - in einem Gastbeitrag hat sich der französische Präsident Macron an die EU-Bürger gewandt. Er fordert tiefgreifende Reformen - und macht Großbritannien ein Angebot.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich mit einem leidenschaftlichen Plädoyer an alle EU-Bürger gewandt und einen "Neubeginn für Europa" gefordert.
"Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg war Europa so wichtig. Und doch war Europa noch nie in so großer Gefahr", schreibt Macron in einem Gastbeitrag, der in der französischen Zeitung "Le Parisien", der deutschen "Die Welt" und in Tageszeitungen in allen EU-Mitgliedsländern erscheinen soll. Der Nationalismus biete den Menschen nichts, er sei ein "Projekt der Ablehnung".
Vorbild USA und China
Drei Monate vor der Europawahl schlägt Macron in dem Zeitungsbeitrag einen Aktionsplan vor, mit dem die EU tiefgreifend reformiert werden soll. Wirtschaftlich fordert er eine Reform der Wettbewerbspolitik. Man solle "Unternehmen bestrafen oder verbieten, die unsere strategischen Interessen und unsere wesentlichen Werte untergraben, wie Umweltstandards, Datenschutz und eine Entrichtung von Steuern in angemessener Höhe", schreibt Macron. Außerdem gelte es, in strategischen Branchen und bei öffentlichen Aufträgen europäische Unternehmen zu bevorzugen. Vorbild seien hier die USA oder China.
Außerdem wirbt der Franzose für eine Überarbeitung des Schengen-Systems sowie die Schaffung einer gemeinsamen Grenzpolizei und einer europäischen Asylbehörde. Zudem solle eine europäische Behörde zum Schutz der Demokratie geschaffen werden, deren Experten Wahlen gegen Manipulationen absichern sollen.
Macron wirbt für eine Überarbeitung des Schengen-Systems sowie die Schaffung einer gemeinsamen Grenzpolizei und einer europäischen Asylbehörde.
Ein Angebot an London
Auch verteidigungspolitisch müsse man in Europa zusammenhalten - deshalb geht er trotz des geplanten EU-Austritts Großbritanniens einen Schritt auf die Briten zu. Die Ziele der europäischen Politik müssten eine "Erhöhung der Militärausgaben, Anwendungsfähigkeit der Klausel über die gegenseitige Verteidigung, (und ein) Europäischer Sicherheitsrat unter Einbeziehung Großbritanniens zur Vorbereitung unserer gemeinsamen Entscheidungen" sein.
Macron hatte bereits im September 2017 mit seiner Sorbonne-Rede zur "Neugründung eines souveränen, vereinten und demokratischen Europas" aufgerufen. Damals forderte er einen europäischen Finanzminister und einen Haushalt für die Eurozone, der auf längere Sicht mit Steuereinnahmen finanziert werden könnte. Er fand dafür aber kaum Gleichgesinnte in der EU - auch die deutsche Regierung blieb skeptisch. Innenpolitisch steht Macron wegen der "Gelbwesten"-Proteste unter erheblichem Druck.