Mays neuer Brexit-Plan "Zu wenig, zu spät"
Großbritanniens Premierministerin May ringt weiter um eine Mehrheit für den EU-Austrittsvertrag - und schließt ein neues Referendum nicht mehr aus. Die Opposition, aber auch parteiinterne Kritiker reagieren ablehnend.
Lange wollte sie davon nichts wissen - jetzt hat Großbritanniens Premierministerin Theresa May im Brexit-Streit eine Reihe von Kompromissen unterbreitet und den Abgeordneten ein weiteres Referendum in Aussicht gestellt.
Sollte das Unterhaus dem Abkommen zustimmen, könne das Parlament anschließend entscheiden, ob die Briten in einem Referendum darüber abstimmen sollen, sagte May in einer Rede. Es handele sich um "die letzte Chance", den Stillstand beim EU-Austritt zu beenden.
Zugeständnisse an alle Seiten...
Über den Gesetzentwurf sollen die Abgeordneten Anfang Juni abstimmen. Er sieht laut May zudem vor, dass das Parlament darüber abstimmen darf, ob das Vereinigte Königreich für eine gewisse Zeit in einer Zollunion mit der EU verbleiben soll.
Außerdem enthält Mays neuer Plan weitere Zusagen in den Bereichen Arbeitnehmerrechte und Umweltstandards. Damit geht May vor allem auf Forderungen der Labour-Partei ein. Kritiker in ihrer eigenen Partei versucht May unter anderem mit dem Versprechen zu gewinnen, sie werde zurücktreten, wenn das Parlament den Brexitvertrag endlich beschlossen habe.
.. aber keine Begeisterung
Ihre Zugeständnisse stießen allerdings auf Ablehnung. "Was die Premierministerin ihren neuen Brexit-Deal nennt, ist in Wirklichkeit nur der gleiche alte, schlechte Deal in neuer Hülle", sagte Labour-Chef Jeremy Corbyn. Seine Partei werde das nicht unterstützen.
Auch Parteifreunde Mays zeigten sich teilweise befremdet von dem Vorstoß. Der einflussreiche Brexit-Befürworter Owen Paterson schrieb auf Twitter, das Versprechen eines zweiten Referendums sei eine Beleidigung für die 17,4 Millionen Menschen, die 2016 für einen Austritt aus der EU gestimmt hätten "Das ist zu wenig und zu spät von einer Premierministerin, die auf dem Weg zur Ausgangstür ist", sagte Ian Blackford von der Schottischen Nationalpartei.
ARD-Korrespondentin Annette Dittert sieht durch die Rede Mays Ankündigung eines "kühnen neuen Entwurfs" widerlegt: Durch den halbherzigen Versuch, an ihrer eigenen Linie festzuhalten, habe May endgültig die Geduld aller politischer Lager überstrapaziert. Mays politisches Ende dürfte damit unmittelbar bevorstehen, so Dittert.
Mehrheit eher unwahrscheinlich
Bis zu einem zweiten Brexit-Referendum wäre es allerdings ohnehin ein weiter Weg. Zunächst müsste May eine Mehrheit für ihr Abkommen zustande bringen, was trotz aller Zugeständnisse nach wie vor unwahrscheinlich erscheint. Dann müssten die Abgeordneten mehrheitlich für ein zweites Referendum stimmen.
Das Unterhaus hatte das Brexit-Abkommen in den vergangenen Monaten dreimal abgelehnt. Vergangene Woche brach die oppositionelle Labour-Partei die Verhandlungen mit der konservativen Regierungschefin über einen Brexit-Kompromiss nach sechs Wochen ab.