EU-Außenminister beraten Noch viele Stolpersteine zum Reformvertrag
Die EU-Außenminister haben den Startschuss für die so genannte Regierungskonferenz gegeben. Das Gremium muss aus dem mühsam errungenen politischen Kompromiss für einen EU-Reformvertrag einen rechtlich sattelfesten Vorschlag erarbeiten. Bereits Anfang September soll eine erste Textform vorliegen.
Von Christopher Plass, HR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Vorentscheidungen fielen auf dem letzten EU-Gipfel Ende Juni in Brüssel. Da gelang es den Staats- und Regierungschefs nach zermürbenden Sitzungen am Ende doch, sich auf ein Mandat für den geplanten EU-Reformvertrag zu verständigen. Von einer Verfassung soll nicht mehr gesprochen werden, aber der nun angestrebte Änderungsvertrag soll vieles aus dem ursprünglichen Entwurf retten - vor allem um die EU der Zukunft handlungsfähig zu machen.
Merkel warb beharrlich für Kompromiss
Bundeskanzlerin Merkel brachte die Runde der 27 damals beharrlich auf Kompromisslinie, fing selbst die Polen ein – und zog wenige Tage später im Europa-Parlament eine positive Bilanz: "Wir haben Weichen für eine erneuerte gemeinsame Grundlage der EU gestellt. Wir haben den Stillstand überwunden. Wir haben am Ende Vertrauen nicht enttäuscht und eine Spaltung vermieden."
Doch die Arbeit an dem Reformvertrag ist noch nicht beendet, noch liegen Stolpersteine auf dem Weg. Die sogenannte Regierungskonferenz, für die die EU-Außenminister heute den Startschuss geben, muss aus den politischen Vereinbarungen des Gipfels einen politisch und rechtlich sattelfesten Vertrag weben. Das wird vor allem eine Aufgabe für Juristen sein.
Polen - zwischen Drohgebärde und Einlenken
Aber die portugiesische Präsidentschaft rechnet damit, dass auch noch einige politische Fragen zu klären sein werden. Unberechenbar bleibt vor allem Polen: Warschau möchte weiterhin die Schwelle für Mehrheitsentscheidungen in der EU höher legen. Die Signale aus Polen schwanken zwischen Drohgebärde und Einlenken. Je schwieriger Warschau sich in den Beratungen gibt, desto größer die Gefahr, dass auch andere EU-Staaten weitere Zugeständnisse einfordern.
Der Zeitplan der Regierungskonferenz ist dicht: In den nächsten Wochen tagen Arbeitsgruppen. Anfang September werden die Außenminister eine erste Textform diskutieren. Mitte Oktober soll ein informeller Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Lissabon politisch grünes Licht geben. Danach sind die Juristen erneut für die Endfassung gefragt. Ende des Jahres könnten die Vorschläge zur Reform der EU feierlich unterzeichnet werden.
Barroso glaubt an eine Lösung
EU-Kommissionspräsident Barroso zeigt sich optimistisch: „Ich vertraue fest darauf, dass wir auf dieser Regierungskonferenz zu einer Lösung kommen. Ich habe doch gesehen, dass beim letzten EU-Gipfel alle an einer Vereinbarung mitgearbeitet haben, alle! Einige haben energisch für ihre Positionen gekämpft. Aber es ist ja nichts Neues in der EU, dass ein Land an Positionen festzuhalten versucht.
Länder müssen Vertrag ratifizieren
Doch nach der Regierungskonferenz bleibt es spannend. Der Vertragstext muss überall ratifiziert werden. In den meisten Ländern wird das wohl parlamentarisch gehen. Irland muss eine Volksabstimmung einberufen, in den Niederlanden steht das noch zur Diskussion. Die Briten wollen möglichst darauf verzichten.
Ziel bleibt, dass der Reformvertrag bis zu den Europa-Wahlen 2009 in Kraft treten kann. Um dieses Ziel zu erreichen, darf nichts mehr schief gehen.