EU-Gipfel einigt sich auf Zeitplan zur Verfassung Die "Phase der Reflexion" ist vorbei
Ein Jahr lang war das Thema quasi tabu, jetzt ist die "Phase der Reflexion" über die EU-Verfassung offiziell beendet. Bis spätestens Ende 2008 soll über die Zukunft des Vertragswerks entschieden werden. Darauf einigten sich die Staats- und Regierungschefs am ersten Abend ihres Gipfels in Brüssel.
Ein Jahr nach dem Nein der Franzosen und Niederländer zur EU-Verfassung haben die Mitgliedstaaten die "Phase der Reflexion" über den Vertrag offiziell für beendet erklärt. Beim EU-Gipfel in Brüssel einigten sich die Staats- und Regierungschefs auf einen "zweigleisigen Ansatz" zur Lösung der institutionellen Krise, wie die österreichische Ratspräsidentschaft am späten Abend mitteilte. Parallel zu einer intensiven Diskussion über die Zukunft der Verfassung, die spätestens Ende 2008 enden soll, will die EU eine Liste von rund 30 konkreten Projekten abarbeiten.
Ob am Ende dieses zweigleisigen Prozesses tatsächlich ein Verfassungsvertrag stehen wird, ist ungewiss. Bis Ende 2008 soll geklärt werden, ob es eine gemeinsame EU-Verfassung geben wird oder ob die bestehenden EU-Verträge in anderer Form geändert würden, erläuterte der Sprecher der österreichischen Ratspräsidentschaft. In den Gesprächen der Staats- und Regierungschefs sei aber weiter vom "Verfassungsprozess" die Rede gewesen.
Berlin soll in einem Jahr Vorschläge machen
Die deutsche Ratspräsidentschaft soll im Juni 2007 Vorschläge für das weitere Vorgehen zur Rettung des Vertrages vorlegen. Auf dieser Grundlage sollen in der Folgezeit Entscheidungen über die Fortsetzung des Reformprozesses getroffen werden. Die erforderlichen Schritte dazu sollen "spätestens im zweiten Halbjahr 2008" erfolgen, wie es in der Vorlage der österreichischen Ratspräsidentschaft heißt.
Die EU-Verfassung liegt auf Eis, seit Franzosen und Niederländer sie vor rund einem Jahr in Referenden abgelehnt hatten. 15 Staaten, darunter auch Deutschland, haben sie bislang ratifiziert. Die Länder, in denen die Ratifizierung noch nicht erfolgt sei, sollten in den kommenden Monaten Vorschläge auf den Tisch legen, forderte der österreichische Bundeskanzler Wolfgang Schüssel.
"Adieu Tristesse"?
Zugleich warb Schüssel für ein Eintreten gegen den vorherrschenden Euro-Pessimismus. Das Motto für den Gipfel müsse "Adieu Tristesse" lauten. Nach dem "großen Jammern" wegen der gescheiterten Referenden solle Europa stärker auf seine Erfolge verweisen, sagte er. Auch der italienische Regierungschef Romano Prodi sagte zum Auftakt des Gipfels, Europa müsse die "Welle des Euroskeptizismus" bekämpfen, die den Kontinent in den vergangenen Jahren überspült habe.
Weiteres Gipfelthema neben der Verfassung ist die Strategie der künftigen Erweiterung der Union. Parallel dazu wollen die Außenminister über die Beziehungen zu Serbien sowie über die nach Südeuropa drängenden Flüchtlinge aus Afrika beraten. Weiteres Thema am zweiten Gipfeltag ist die Aufnahme Sloweniens in die Eurozone.