Reaktionen auf den Tod Saddams "Deshalb geht es dem Irak nicht besser"
Vorerst ist die Lage in Bagdad nach der Hinrichtung Saddams überwiegend ruhig. Viele Iraker zeigen sich von der Nachricht überrascht. Doch kaum jemand glaubt, dass der Tod Saddams zu mehr Sicherheit und weniger Anschlägen führen wird.
Von Marc Thörner, Bagdad
Kaum ist in Bagdad die Sonne aufgegangen, setzt in der Umgebung der Internationalen Zone intensives Gewehrfeuer ein und Apache-Kampfhubschrauber sausen in niedriger Hoehe Richtung Stadtzentrum. In diesem schwer bewachten Schutzbereich befand sich einst Saddams wichtigster Palast - eine begrünte Anlage mit überdimensionierten Marmorpalais, so groß wie ein eigener Stadtteil.
Die Nachricht, dass Saddam Hussein in der Nacht hingerichtet wurde, hat die Iraker am Morgen des islamischen Opferfestes überrascht – der Zeitpunkt ist kein Zufall, denn laut irakischer Verfassung sind Hinrichtungen an religiösen Festen untersagt. "Ist Saddam wirklich tot? Wirklich, wirklich?", erkundigt sich einer der irakischen Wächter, der den Zugang zum Pressezentrum der US-Armee bewacht. Er scheint es noch nicht glauben zu können.
"Sache der irakischen Regierung"
Im Innern halten die Militärs sich bedeckt. "Alles, was die Hinrichtung Saddams betrifft, ist ausschließlich Sache der irakischen Regierung”, lässt sich Sergeant Eleazar Craig vernehmen, ein Pressesprecher. Rechnet die US-Armee jetzt mit verstärkten Angriffen durch Aufständische? "Wir sind auf alles vorbereitet", sagt lakonisch Major Mitchell, Craigs Vorgesetzter. "Sollte es zu direkten Angriffen auf die Internationale Zone kommen, verfügen wir hier über Unterstände." Wen ein Alarm unter freiem Himmel überrascht, kann in einem dieser "Duck and Cover-Bunker" Schutz suchen. Mehr lassen die GI’s sich nicht entlocken und verweisen auf die Presseinformationen der US-Botschaft.
Anders die drei irakischen Hilfspolizisten, die den Zugang zum Convention Centre bewachen, dem Kongresspalast, in dem im Laufe des Tages eine Pressekonferenz der irakischen Regierung stattfinden soll. "Saddam no good", rufen sie wie aus einem Munde und strecken triumphierend die Daumen nach oben. Raschid al A., ein etwa vierzigjähriger irakischer Verwaltungsangestellter, der auf dem Weg zur Arbeit die Absperrung passiert, scheint erlöst. "Endlich", seufzt er, "Saddam war ein schlimmer Diktator." Ist der Irak, wie von US-Präsident George W. Bush behauptet, ohne Saddam ein besserer Platz? Rashid schüttelt den Kopf. "Leider nicht. Es ist gut, dass Saddam hingerichtet wurde, aber deshalb geht es dem Irak nicht besser."
Qais Abu Yousef, ein irakischer Angestellter der Nachrichtenagentur AP, der sich als Sunnit zu erkennen gibt, ist skeptisch. "Was bitte soll jetzt besser sein? Die Sicherheit etwa?" Mit einer Kopfbewegung weist er auf das eigentliche Bagdad, das jenseits der Internationalen Zone beginnt. "Wenn Sie glauben, dass dies Geschieße Freudenfeuer ist, täuschen Sie sich. Hier in der Umgebung halten sich eine Menge Aufständische versteckt. Das ist kein Feuerwerk – das sind die ersten Angriffe."