EU-Flüchtlingspolitik Merkel und Conte fordern Solidarität
Deutschland will Italien in der Flüchtlingspolitik unterstützen. Neben dem EU-Grenzschutz müsse auch die Lage in Libyen verbessert werden, sagte Kanzlerin Merkel - die aber auch von der EU mehr Verständnis erwartet.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Italien zugesichert, das Land bei seinen Problemen mit Flüchtlingen helfen zu wollen - aber umgekehrt auch Solidarität mit Deutschland gefordert. "Wir wollen den Wunsch Italiens nach Solidarität unterstützen und hoffen, dass auch Deutschland auf Verständnis trifft, wenn es um Solidarität in Europa mit den Fragen der Migration geht", sagte Merkel beim Antrittsbesuch des neuen italienischen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte in Berlin.
Conte lobte das Engagement Deutschlands, etwa für die Stabilisierung Libyens.
Mehr Mittel für Grenzsicherung und Entwicklungshilfe
Berlin und Rom stimmten darin völlig überein, dass die Außengrenzen Europas besser gesichert und die Grenzschutzorganisation Frontex gestärkt werden müssten, sagte Merkel. Im nächsten EU-Finanzahmen müsse mehr Geld für die Bekämpfung der illegalen Migration die Entwicklung Afrikas bereitgestellt werden.
Außerdem müsse man gegen die Schlepperkriminalität vorgehen und die afrikanischen Staaten selbst unterstützen. Dabei gehe es auch darum, inwieweit man das Flüchtlingsproblem bereits in Nordafrika, insbesondere in Libyen, angehen könne. Bei der dortigen Unterbringung etwa müsse man mit Flüchtlingsorganisationen wie dem UNHCR zusammenarbeiten. Möglicherweise könne man schon hier Asylanträge bearbeiten, deutete Merkel an.
Auch Conte forderte, Asylverfahren bereits außerhalb der EU durchzuführen. Dies hatte er schon in der vergangenen Woche mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron besprochen. Der neue italienische Ministerpräsident lobte das Engagement Deutschlands etwa für die Stabilisierung Libyens, über das viele Migranten aus Afrika nach Italien kommen.
Conte will Dublin-System "überwinden"
Conte warb in Berlin für mehr Unterstützung der EU-Staaten bei der Verteilung von Flüchtlingen in Europa. Die Europäische Union müsse ihre Perspektive ändern, sagte Conte. "Die italienischen Grenzen sind europäische Grenzen." Italien wolle das Dublin-System überwinden, demzufolge ein Asylantrag dort gestellt und bearbeitet werden muss, wo ein Flüchtling ankommt. Stattdessen will Rom einen "solidarischen Ansatz".
Er schätze den Einsatz Deutschlands für eine fairere Lastenverteilung in der EU, sagte Conte. Das Dublin-System kritisieren die Randstaaten der EU schon lange. Italien ist mit am meisten betroffen von neu ankommenden Flüchtlingen aus Afrika, von denen aber viele weiter nach Norden weiterreisen.
Merkel will in bilateralen Abkommen mit EU-Nachbarstaaten erreichen, dass Flüchtlinge, die in anderen Ländern als Asylbewerber registriert sind, abgewiesen und dorthin zurückgeschickt werden können. Damit könnte sie möglicherweise den Streit mit der CSU und Innenminister Horst Seehofer entschärfen. Die CSU will einen deutschen Alleingang ohne bilaterale Abkommen, um damit auch die EU unter Zugzwang zu setzen, in der Flüchtlingspolitik aktiver zu werden.