Hintergrund

Dokumentation Merkels Russland-Rede in Auszügen

Stand: 17.11.2014 18:18 Uhr

Kanzlerin Merkel hat nach dem G20-Gipfel ungewöhnlich deutliche Kritik an der russischen Ukraine-Politik geäußert. Internationales Recht werde mit Füßen getreten. Der Ukraine-Konflikt betreffe alle, es drohe ein Flächenbrand. Die Rede in Auszügen. Die Nachrichtenagentur dpa dokumentiert die Rede (nach einer Mitschrift des Bundespresseamts) in Auszügen.

"... Meine Damen und Herren, wie konnte es vor 100 Jahren zwischen den Völkern und Nationen so weit kommen? (...) Es fehlte der Wille, Differenzen auf friedlichem Wege zu begegnen - auch in der überheblichen Annahme eigener militärischer Überlegenheit. Doch der Glaube, moderne Kriege könnten sich eingrenzen lassen, erwies sich als fataler Irrtum. Aus einer zunächst regionalen Krise auf dem Balkan wurde innerhalb weniger Wochen ein Flächenbrand. (...)

Längst hat eine europäische Rechtsgemeinschaft das prekäre Gleichgewicht wechselnder Staatenbündnisse abgelöst, und dennoch müssen wir erleben, dass es auch in Europa immer noch Kräfte gibt, die sich dem gegenseitigen Respekt und einer Konfliktlösung mit demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln verweigern, die auf das angebliche Recht eines Stärkeren setzen und die Stärke des Rechts missachten.

Genau das ist mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland zu Beginn dieses Jahres geschehen. Russland verletzt die territoriale Integrität und die staatliche Souveränität der Ukraine. Ein Nachbarstaat Russlands, die Ukraine, wird als Einflusssphäre angesehen. Das stellt nach den Schrecken zweier Weltkriege und dem Ende des Kalten Krieges die europäische Friedensordnung insgesamt infrage. Das findet seine Fortsetzung in der russischen Einflussnahme zur Destabilisierung der Ostukraine in Donezk und Lugansk.

"Die Ukraine-Krise betrifft uns alle"

Ich möchte in diesem Zusammenhang an den mutmaßlichen Abschuss des malaysischen Flugzeugs MH17 erinnern. Er hat viele Menschen das Leben gekostet. Unter den Opfern sind 38 Australier und vier Deutsche. Die Ukraine-Krise ist wahrlich keineswegs allein eine regionale Angelegenheit. Nein, an diesem Beispiel sehen wir: Sie betrifft uns alle.

Ich frage: Wer hätte es für möglich gehalten, dass 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, nach dem Ende des Kalten Krieges und der Teilung Europas und dem Ende der Teilung der Welt in zwei Blöcke so etwas mitten in Europa geschehen kann? Altes Denken in Einflusssphären, das internationales Recht mit Füßen tritt, darf sich nicht durchsetzen. Ich bin überzeugt: Es wird sich auch nicht durchsetzen, mag der Weg auch noch so lang, noch so beschwerlich sein und noch so viele Rückschläge enthalten. (...)"

"Es geht nicht nur um die Ukraine"

In einer anschließenden Fragerunde sagte Merkel unter anderem: "Es geht ja nicht nur um die Ukraine. Es geht um Moldawien, es geht um Georgien, wenn es so weiter geht, kann man fragen, muss man bei Serbien fragen, muss man bei den Westbalkanstaaten fragen."

Die EU werde vor Moskau nicht zurückweichen: "Ansonsten muss man sagen: Wir sind zu schwach, passt auf Leute, wir können keinen mehr aufnehmen, wir fragen erst in Moskau nach, ob das möglich ist. So war es ja 40 Jahre lang, und da wollte ich eigentlich nicht wieder hin zurück."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 17. November 2014 um 17:00 Uhr.