Migranten an US-Grenze Das Ziel im Blick, die Chancen gering
Nach gut einem Monat haben Tausende Migranten die Grenze zu den USA erreicht. Sie hoffen nun, in den Vereinigten Staaten Asyl beantragen zu können. Doch die Chancen sind gering.
Am Ende ihres mehr als 4000 Kilometer langen Wegs campieren die Migranten wieder in einem Sportstadion: ohne Wasserversorgung und nur mit dem bisschen Essen, das Mexikaner spenden. Aber wenigstens ist ihr Ziel dieses Mal zum Greifen nahe. Nur wenige Meter entfernt, auf der anderen Straßenseite, ragt der Metallzaun von Tijuana in die Höhe: die US-Grenze.
Dahinter zeichnet sich am Horizont die Skyline von San Diego im US-Bundesstaat Kalifornien ab. Sehnsüchtig schaut die Honduranerin Lesvia Navarro dorthin. Sie wolle noch weiterkommen und auf keinen Fall in Mexiko bleiben, sagt sie. "Ich werde um Hilfe bitten. Vielleicht geben sie mir auf der anderen Seite Arbeit und einen Platz zum Leben." Sie wisse nicht, wie es heiße, dann fällt es ihr doch ein: "Asyl, ja, darum will ich bitten. Ich glaube, morgen gehen wir zum Grenzposten und bitten darum."
Die meisten wollen auf die andere Seite
Die junge Mutter hat ihre vier Kinder bis nach Tijuana mitgenommen, das jüngste ist erst zwei Jahre alt. Ihr Mann wurde zu Hause in der Stadt San Pedro Sula ermordet - von Maras, den Jugendbanden.
Viele Familien sind im Sportstadion von Tijuana. Zerzauste Kinder toben sich auf der Rutsche aus, einige Erwachsene singen Karaoke. Mitarbeiter der mexikanischen Menschenrechtskommission stehen bereit, um die etwa 2500 Migranten darüber zu informieren, wie sie in Mexiko den Flüchtlingsstatus erhalten könnten.
Aber die meisten wollen auf die andere Seite des Zauns - am liebsten auf legalem Wege. Doch derzeit dürfen nicht einmal 100 Menschen täglich bei den US-Behörden vorsprechen, um eventuell einen Asylantrag zu stellen. Die Warteliste für diese Befragungen ist schon jetzt endlos.
Junge Männer haben so gut wie keine Chance
Alles, was ab jetzt geschieht - die Bearbeitung von Asylanträgen oder die Integration von abgelehnten Bewerbern in Mexiko - werde lange dauern, meint der Migrationsexperte von der Universität Colef in Tijuana, Rodolfo Cruz. Es gebe für die Migranten aus Mittelamerika nicht viele Alternativen; denn nur sehr wenige würden von den US-Behörden Asyl bekommen.
Der Migrationsexperte Rodolfo Cruz geht von langen Wartezeiten für die Menschen aus.
"Vor allem Frauen und Kinder werden es bekommen", sagt er. "Aber die jungen Männer werden nicht anerkannt, wahrscheinlich noch nicht einmal vorsprechen dürfen. Sie haben zwei Möglichkeiten: in Tijuana oder einer anderen Grenzstadt bleiben oder in ihre Heimat zurückkehren."
Oder, so wie es bislang üblich ist, ohne Papiere über die grüne Grenze gehen. Das Problem dabei: Anschließend noch einen Asylantrag zu stellen, ist seit einem Dekret von US-Präsident Donald Trump nicht mehr möglich.
Auch deshalb werden die Tausenden Migranten ausharren und auf einen Platz auf der Warteliste hoffen. Tijuana muss sich auf eine lange Zeit mit den Menschen aus Mittelamerika einstellen. Bis zu 10.000 könnten es in den kommenden Tagen werden. Wenn 90 von ihnen täglich zu den US-Behörden vorgelassen werden, bedeutet das für die Letzten auf der Liste: 111 Tage warten.