Nach dem Misstrauensvotum Was kommt jetzt im Brexit-Streit?
Ist die Position von Theresa May nach dem überstandenen Misstrauensvotum gestärkt? Und wann stimmt das britische Parlament über das Austrittsabkommen ab? tagesschau.de beantwortet zentrale Fragen.
Ist May nach der Abstimmung gestärkt?
Davon sollte man eher nicht ausgehen. Anfang der Wochen hatten etwa 100 Mitglieder ihrer Partei angekündigt, gegen sie zu stimmen. Nun waren es insgesamt 117 Abgeordnete, die der Premierministerin die Gefolgschaft verweigerten. Das war etwa ein Drittel ihrer Fraktion. May selbst sprach von einer "erheblichen Zahl" an Abgeordneten, die gegen sie gestimmt hätten. Brexit-Hardliner wie Jacob Rees-Mogg forderten sogar ihren Rücktritt.
Wie geht es nun weiter in Sachen Brexit?
May muss nun doppelte Überzeugungsarbeit leisten. Zunächst will sie Brüssel umstimmen, damit die EU noch Zugeständnisse macht - und das Abkommen für Großbritannien vorteilhafter gestaltet wird. Möglicherweise gelingt ihr das auf einem EU-Gipfel, der heute und morgen in Brüssel stattfindet. Dann muss sie mit einem im Idealfall verbesserten Abkommen das britische Parlament überzeugen. Die Deadline in Sachen Brexit ist der 29. März kommenden Jahres. Dann soll Großbritannien die EU verlassen.
Wird sich die EU bewegen?
Neue Verhandlungen und einen ganz neuen Vertrag wird es für die Briten nicht geben - diese rote Linie zogen viele Spitzenpolitiker in der EU. Allerdings könnte es "Klarstellungen" geben, sagte EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger im SWR. Gemeint ist damit, dass der Vertrag zwar nicht umgeschrieben, aber ergänzt wird. So könnte in einer Zusatzerklärung stehen, dass die umstrittene "Backstop"-Regelung für die irisch-nordirische Grenze nur eine theoretische Option ist, die aber nicht angewendet werden soll.
Wann stimmt das britische Parlament ab?
Das soll bis zum 21. Januar passieren. Ein genaues Datum nannte May noch nicht. Die Premierministerin hat damit also noch maximal fünf Wochen Zeit, um dem Parlament das Austrittsabkommen schmackhaft zu machen. Eigentlich sollten die Abgeordneten schon in dieser Woche über den mit der EU ausgehandelten Vertrag entscheiden. May legte die Abstimmung aber auf Eis, weil ihre Erfolgsaussichten verschwindend gering waren.
Kann es noch ein Misstrauensvotum geben?
In ihrer eigenen Partei, den Tories, muss May vorerst keine solche Abstimmung mehr fürchten. Nach dem überstandenen Misstrauensantrag darf es aus ihrer Fraktion ein Jahr lang keinen weiteren gegen sie geben. Im Unterhaus des britischen Parlaments könnten aber andere Parteien ein Misstrauensvotum gegen May anstrengen. Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour-Partei schreckt bisher noch davor zurück.
Mit Informationen von Thomas Spickhofen, ARD-Studio London