Italiens neuer Regierungschef Monti Jetzt ist Schluss mit lustig
Nun muss er die Karten auf den Tisch legen: Italiens neuer Ministerpräsident Monti will heute darlegen, welche Sparmaßnahmen er ergreifen will. Ein erster Test auch für die Begeisterung, die ihm die Bevölkerung bislang entgegenbringt. Ihr gefällt vor allem die neue Bescheidenheit des Regierungschefs.
Von Tilmann Kleinjung, ARD-Hörfunkstudio Rom
Ein Mann fährt zum Bahnhof und holt seine Frau vom Bahnsteig ab. Ein ganz normaler Vorgang wurde vor ein paar Tagen in Rom zu einem kleinen Politikum. Weil dieser Mann nicht irgendjemand war, sondern Mario Monti, der designierte Ministerpräsident Italiens. Keine Blaulicht-Limousine, kein Erste-Klasse-Flug, sondern Rom, Bahnhof Termini.
Bei Silvio Berlusconi wäre soviel Alltäglichkeit unvorstellbar gewesen. Monti sei als Person "nüchtern, sehr stilsicher" und mithin das Gegenteil von Berlusconi, sagte Stefano Fassina. "Monti ist eine Person, in der sich in einer solch schwierigen Situation die Menschen wiedererkennen können."
Stefano Fassina hat bei Mario Monti studiert, vor mehr als zwei Jahrzehnten an der Bocconi Universität in Mailand. Er sei sehr guter Professor gewesen, sagt er. "Auch als es Spannungen und Proteste an der Universität gab, ging er auf uns zu. Er ist eine Person, die den Ausgleich sucht, genau richtig für Italien in diesem Moment."
Die bescheidene und zurückhaltende Art des Professors scheint in Italien gut zu ankommen. Das Kontrastprogramm zu Silvio Berlusconi. Der schlichte, grüne Lodenmantel des neuen Ministerpräsidenten wird zum allerorts diskutierten Sinnbild eines neuen Regierungsstils. Das ist das schwere Erbe der Ära Berlusconi, dass man auf solche Äußerlichkeiten mehr achtet als auf den Inhalt.
Arrivederci privilegi
Kommen wir also zu den Inhalten. "Es geht bei Reformen vor allem darum, Privilegien zu beschneiden", sagte Monti bei einer Diskussion im Sommer. Das klingt in den Ohren vieler Italiener gut, denkt man bei Privilegien in Italien zu allererst an Politiker.
Doch Monti muss auch an die Privilegien des kleinen Mannes gehen, zum Beispiel im Öffentlichen Dienst: Ob Freifahrtscheine im Nahverkehr oder komfortable Frühverrentungsmodelle - alles kommt auf den Prüfstand. "Ich habe nie von Blut und Tränen gesprochen, vielleicht von Opfern", sagt Monti dazu.
Solche Sätze gefallen den europäischen Partnern, vor allem in Berlin, wo sich die Auffassung durchgesetzt hat, dass doch erst einmal jeder Staat für sein Schuldenproblem selbst verantwortlich ist. Da wirkt auch die Nachricht beruhigend, dass der ehemalige EU-Kommissar Monti kein ausgewiesener Kämpfer für Eurobonds ist.
Allerdings ist er ein Kämpfer für den Euro und ein geeintes Europa. "Bei Frau Merkel ist das seltsam, dass sie so geizig ist mit ihrer Unterstützung für Europa. Die Oppositionsparteien, SPD und Grüne, unterstützen Europa viel stärker, als sie selbst."
Das sagte Mario Monti als er noch nicht Ministerpräsident war und nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen musste. Das hat sich geändert. Monti hält sich bei seinen öffentlichen Auftritten eher zurück, redet im Gegensatz zu Plaudertasche Berlusconi kein Wort zu viel.
Haltung mit Tradition
Er sei freundlich, bestimmt und vor allem verlässlich, sagt sein ehemaliger Student Stefano Fassina. "Er hat Europa immer über die soziale Marktwirtschaft definiert, das entspricht der europäischen Tradition: eine Marktwirtschaft mit großer Beachtung der sozialen Frage."
Darauf will und muss sich Fassina verlassen. Denn heute ist der Monti-Schüler der Wirtschaftsexperte seiner Partei, der PD. Und die italienischen Sozialdemokraten haben Monti ihre bedingungslose Unterstützung versprochen.