Vergleich der Politikfelder Obamas Erbe - Trumps Pläne
Um die politischen Pläne von Donald Trump zu verstehen, muss man auch die Linie seines Vorgängers Obama betrachten. Worin unterscheiden sich die beiden - und was wird von Obamas Amtszeit übrig bleiben? Eine Analyse von M. Ganslmeier und J. Bösche.
Um die politischen Pläne von Donald Trump zu verstehen, muss man auch die Linie seines Vorgängers Obama betrachten. Worin unterscheiden sich die beiden - und was wird von Obamas Amtszeit übrig bleiben?
Von Martin Ganslmeier und Jan Bösche, ARD-Studio Washington
Außenpolitik
Obama: Er war mit ambitionierten Zielen für seine Außenpolitik gestartet: Frieden schließen mit der islamischen Welt, ein Ende der US-Kriegseinsätze im Nahen Osten, ein besseres Verhältnis zu Russland - vieles davon hat er nicht erreicht. Auf Kritik, seine Politik habe die Welt nicht sicherer gemacht, entgegnete Obama einmal, sie habe aber Amerika sicherer gemacht. Geschafft er zum Beispiel den Atom-Deal mit Iran, der das Land davon abhalten soll, eine Atombombe zu bauen. Historisch ist Obamas Bemühen, die Eiszeit mit Kuba zu beenden: Beide Länder haben wieder diplomatische Beziehungen. Eines seiner großen Ziele war, Amerikas Rolle in Asien zu vergrößern. Ein Mittel dazu: Das Freihandels-Abkommen "TPP". Ob es noch in Kraft treten kann, ist aber mehr als fraglich.
Obama beendete die Eiszeit mit Kuba - er eröffnete eine US-Botschaft in Havanna.
Trump: Das Transpazifische Freihandelsabkommen (TPP) wird Donald Trump als Präsident beerdigen oder zu Amerikas Vorteil neu verhandeln; auch das Transatlantische Abkommen mit der EU (TTIP) hat er im Wahlkampf kritisiert. Trumps außenpolitisches Motto lautet "Amerika zuerst!". Deshalb sollen die NATO-Verbündeten deutlich mehr Geld für die Verteidigung zahlen als bisher. Zu Russland, dessen Präsidenten Wladimir Putin er persönlich schätzt, strebt Trump ein deutlich besseres Verhältnis an. Gemeinsam mit Putin will er die Terrormiliz "IS" in kurzer Zeit besiegen. Danach jedoch will er die USA aus dem Nahen Osten abziehen. Das Atomabkommen mit dem Iran hält Trump - genau wie Israels Präsident Netanyahu - für sehr gefährlich. Auch an Obamas neuer Kuba-Politik ließ Trump im Wahlkampf kein gutes Haar.
Gesundheitspolitik
Obama: Die Gesundheitsreform trägt umgangssprachlich seinen Namen: "Obamacare". Mit dieser Reform wollte Obama ein großes Problem lösen: Millionen Amerikaner haben keine Krankenversicherung. Unbezahlbare Arztrechnungen sind Grund Nummer eins für Privatinsolvenzen. Die Reform trat 2010 in Kraft. Amerikaner können sich damit auf sogenannten Marktplätzen versichern. Die Versicherungen dürfen niemanden ablehnen, wenn er schon krank ist. Kinder können länger bei ihren Eltern versichert sein. Die Krankenversicherung "Medicaid" für Arme wurde ausgeweitet. Dank der Reform sind heute 20 Millionen Amerikaner neu krankenversichert. Allerdings gibt es Reformbedarf - die Versicherungsbeiträge sind für manche nämlich erheblich angestiegen.
Trump: Im Wahlkampf hatte Trump Obamacare als "totale Katastrophe" verurteilt und angekündigt, er werde die Gesundheitsversicherung als eine seiner ersten Maßnahmen abschaffen und ersetzen. Was die 20 Millionen Obamacare-Versicherten dann bekommen, blieb jedoch unklar. Nach seinem ersten Treffen mit Obama äußerte sich Trump nun deutlich gemäßigter: Teile von Obamacare will Trump jetzt doch beibehalten: Zum Beispiel die Möglichkeit für Eltern, auch ältere Kinder mitzuversichern; auch dass Versicherungen Patienten mit Vorerkrankungen nicht ablehnen können. Grundsätzlich strebt Trump mehr Wettbewerb der Krankenkassen untereinander an. Dadurch sollen die Beiträge deutlich sinken.
Wirtschaftspolitik
Obama: Der scheidende Präsident lässt sich gerne dafür feiern, die USA aus der schweren Wirtschaftskrise von 2008 geführt zu haben. In seiner Amtszeit hat sich die offizielle Arbeitslosenquote immerhin mehr als halbiert. Es entstanden über zehn Millionen neue Jobs. Die Löhne stiegen ebenfalls. Obama hatte nach seinem Amtsantritt ein umfassendes Konjunktur-Programm aufgelegt und zum Beispiel die amerikanische Autoindustrie vor der Pleite bewahrt. Allerdings konnte er nicht alle Pläne umsetzten, zum Beispiel ein großes Programm für neue Straßen, Brücken und Bahnstrecken. Dafür fand sich im Kongress keine Mehrheit.
Die Infrastruktur in den USA ist teilweise in schlechtem Zustand.
Trump: Auch Trump plant als eine seiner ersten Maßnahmen ein großes Infrastrukturprogramm. Vielleicht öffnen die Republikaner im Kongress ja bei ihm die Schatulle, was Obama nicht vergönnt war. Jedenfalls wäre dies einer der wenigen Pläne Trumps, den die Demokraten unterstützen. Ansonsten hat Trump versprochen, er werde 25 Millionen neue Jobs in den nächsten zehn Jahren schaffen und das Wirtschaftswachstum von zwei auf vier Prozent verdoppeln. Erreichen will er das vor allem durch Deregulierung und deutliche Steuersenkungen. Das Problem: Trumps Pläne würden die Staatsverschuldung Amerikas erheblich vergrößern. Denn Steuern senken, Infrastrukturprogramme und zusätzlich das Militär modernisieren - all das kostet sehr viel Geld.
Klima- und Umweltpolitik
Obama: Der 55-Jährige würde gerne als Klimaschutz-Präsident in die Geschichtsbücher eingehen. Obama verhandelte mit China über gemeinsame Klimaschutz-Ziele, er trieb das Klimaschutz-Abkommen von Paris voran. Mit einem gesetzgeberischen Kniff konnte Obama das Abkommen auch unterschreiben - gegen den Widerstand der Republikaner im Kongress. In den vergangenen Jahren wurden über 400 Kohlekraftwerke geschlossen, Gas ist als Energiequelle immer wichtiger geworden. Die Obama-Regierung erweiterte die Naturschutzgebiete in den USA, besonders auch in den Ozeanen. Bei Bohrungen für Öl und Gas ist die Bilanz zweischneidig: Einerseits verbot Obama Bohrungen in sensiblen Gebieten, andererseits gab es auch viele Genehmigungen, die Umweltschützer empörten.
Trump: Er glaubt nicht an den Klimawandel. Trump hat sogar behauptet, dies sei eine Erfindung der Chinesen, um Amerika zu schaden. An das Klimaschutzabkommen von Paris fühlt sich Trump nicht gebunden. Die von Obama eingeleitete Energiewende - Motto: "Raus aus der Kohle, hin zu alternativen Energien" - will Trump rückgängig machen. Der Republikaner hat die Wahl vor allem in jenen Bundesstaaten gewonnen, denen er ein Comeback für Kohle und Stahl versprochen hat. Außerdem will Trump die Förderung von Öl und Erdgas durch Fracking weiter ausbauen. Auch hier gilt für Trump: Amerika zuerst! Hauptsache Amerika wird unabhängiger von ausländischem Öl. Und Hauptsache es entstehen neue Jobs, und die Schlote rauchen wieder.
Einwanderungspolitik
Obama: Seine Hoffnung war, eine umfassende Reform der Einwanderung zu verabschieden. Ein großes Problem sind über elf Millionen Menschen, die ohne gültige Papiere in den USA leben, viele von ihnen schon seit Jahren. Eine Reform war aber nicht möglich wegen des Widerstands der Republikaner im Kongress. Darum versuchte Obama, im Rahmen seiner Möglichkeiten zu helfen: zum Beispiel, indem er jungen Einwanderern, die als Kinder mit ihren Eltern ins Land kamen, einen legalen Rechtsstatus gab. Vor zwei Jahren erließ er einen Abschiebestopp für Eltern, deren Kinder US-Bürger sind. Solche Regeln kann Nachfolger Trump aber jederzeit ändern. Obamas Regierung steht in der Kritik, weil sie die bestehenden Gesetze aggressiv anwendet: In seiner Amtszeit wurden über zwei Millionen Menschen abgeschoben.
Trump: Elf Millionen illegale Einwanderer abschieben - davon ist bei Trump mittlerweile keine Rede mehr. Schon in den vergangenen Wochen deutete er an, was er im Interview nach der Wahl verkündete: zwei bis drei Millionen will er abschieben, vor allem jene, die straffällig geworden sind. Das Problem: So viele kriminelle Illegale gibt es in den USA gar nicht. Und Trump sagt nicht, in welchem Zeitraum er die Millionen abschieben will. Wahrscheinlich wird Trump die Abschiebepraxis beschleunigen. Die Republikaner im Kongress sind jedoch schon aus finanziellen Gründen gegen Massenabschiebungen. Auch Trumps große Mauer an der Grenze zu Mexiko wird aus Geldmangel keinesfalls komplett gebaut werden. An einigen Stellen reiche auch ein Zaun, meinte Trump jetzt. Andere regen die Überwachung mit Drohnen an.
Justizpolitik
Obama: Ungerechtigkeit vor der Justiz - das war von Anfang an ein Thema für Präsident Obama. Minderheiten wie Schwarze und Latinos werden verhältnismäßig stärker bestraft, sitzen länger hinter Gittern. Obamas Regierung änderte zum Beispiel Höchststrafen für Crackbesitz, forderte Ankläger auf, bei kleinen Drogendelikten nicht immer gleich die Höchststrafe zu fordern. Im vergangenen Jahr gab es einen parteiübergreifenden Versuch, eine umfassende Justizreform zu starten. Ein Argument dafür war, dass die vielen Inhaftierten den Staat übermäßig viel Geld kosten. Obama hat diesen Anlauf unterstützt. Der Demokrat nutzte auch seine Möglichkeit, Begnadigungen auszusprechen - er entließ mehr Straftäter als jeder andere Präsident der jüngeren Geschichte. Davon profitieren besonders Inhaftierte, die kleinere Drogenvergehen begangen haben.
Trump: Der Milliardär denkt nicht an Begnadigungen, sondern versprach im Wahlkampf: mehr Law and Order! Obwohl die Kriminalitätsrate seit 20 Jahren sinkt, will sich Trump als Hüter der inneren und äußeren Sicherheit profilieren. Dafür will er der Polizei wieder mehr Rechte geben: Das in vielen Städten abgeschaffte "Anhalten und Filzen" will Trump wieder einführen. Statt "Black Lives Matter" fordert Trump: "Wir brauchen wieder mehr Polizisten!" Der 70-Jährige ist auch klarer Befürworter der Todesstrafe. Gegenüber Terroristen will Trump noch härter als Ex-Präsident George W. Bush vorgehen: Foltermethoden wie das unter Obama abgeschaffte Waterboarding befürwortet er - genau wie das höchst umstrittene Töten der Familienangehörigen von IS-Terroristen.