Ozeanien Tiwi-Insulaner siegen gegen Ölkonzern
Vor den australischen Tiwi-Inseln liegen Öl- und Gasfelder, die der Konzern Santos erschließen will. Dagegen klagten Einwohner, die ihre Natur gefährdet sehen. Mit Erfolg: Der Konzern muss die Bohrungen einstellen - vorerst.
Dennis Tipakalippa tanzt am Strand. Er und die indigenen Bewohner der Tiwi-Inseln haben gewonnen - zumindest vorerst. Das australische Bundesgericht hat vor kurzem die Bohrgenehmigung des Öl- und Gaskonzerns Santos für ungültig erklärt. "Ich bin der glücklichste Mann der Welt", sagt Tipakalippa.
Auf den Tiwi-Inseln lebten Hunderte Tier- und Pflanzenarten, die es sonst nirgends auf der Welt gebe - und eine Bohrplattform, viele Schiffe und damit ein möglicher Ölteppich würden all das gefährden, sagt die Ureinwohnerin Therese Burke dem lokalen Umweltzentrum. Das Wasser, das die Inseln umgebe, sei sehr wichtig für die Bewohner: "Einmal, weil es uns Essen gibt. Und zweitens, weil wir darüber mit unseren Vorfahren verbunden sind." Auf den Inseln legen seltene Schildkröten ihre Eier ab. Im Wasser vor den Inseln schwimmen Wale, Krokodile und seltene Seekühe. Diese Artenvielfalt sehen die Ureinwohner durch die Bohrungen bedroht.
Bevölkerung nicht genug informiert
In einem ersten Urteil hat das australische Bundesgericht nun zu Gunsten der Insel-Bewohner entschieden. Der Öl- und Gaskonzern habe die indigene Bevölkerung nicht ausreichend über das Projekt informiert, erklärt Anwältin Alina Leikin, die den Fall mit verhandelt hat. Das Urteil habe eine Signalwirkung für die ganze Welt. "Es erhöht die Standards, die Bohrfirmen zu erfüllen haben", sagt Leikin und fügt hinzu: Das Urteil zeige auch, dass Konzerne die Ureinwohner nicht länger übergehen könnten.
Indigene Völker werden schon viel zu lange auf der ganzen Welt von sehr wichtigen Gesprächen über Land und Gewässer ausgeschlossen, die ihnen gehören und die sie seit Tausenden von Jahren schützen.
Während des Gerichtsverfahrens sind rund 30 Prozessbeteiligte auf die Tiwi-Inseln gefahren. Das sei für die Bewohner ein sehr wichtiger Moment gewesen, sagt Leikin: Sie hätten dem Gericht ihre Tänze, Gesänge und unberührte Natur zeigen können. Traditionen, die sie schützen und an zukünftige Generationen weitergeben wollen. "Wir möchten weiter fischen gehen können und uns in den nächsten Jahrzehnten nicht von Fastfood ernähren müssen", sagt Ureinwohner Tipakalippa.
Bohrungen eingestellt
Das Barossa-Gasfeld vor den Tiwi-Inseln gilt laut Aktivisten als das emissionsintensivste in Australien. Die Förderung des Gases würde enorm viel CO2 freisetzen. Ein fatales Zeichen in einer Zeit, in der die Welt versuchen sollte, den Klimawandel zu verlangsamen, sagt Ureinwohner Pirrawayingi. Er spüre die Veränderung des Wetters seit vielen Jahren: "In der Trockenzeit sollte es kühler sein, aber wir merken, dass sich die Temperatur ändert, es ist wärmer."
Der Öl- und Gaskonzern Santos muss nun seine Bohrungen einstellen und die Bohrplattform in den Hafen von Darwin zurückschleppen. Für den Konzern geht es um Milliarden, das Projekt war bereits zur Hälfte fertig. Im Sommer hatte es erste Probebohrungen gegeben.
In einem Statement nach dem Urteil schreibt Santos: "Barossa ist ein wichtiges Gasprojekt für die Nation, es schafft Arbeitsplätze, Exporte und stärkt unsere Beziehungen zu Investoren und Gaskunden in Asien, die seit Jahrzehnten auf die sichere Energie aus Australien angewiesen sind."
Santos hat die Einwohner Tiwis nicht ausreichend über seine Pläne informiert, urteilte das Gericht. Der Konzern hat bereits Berufung eingelegt.
Berufungsprozess folgt
Der Konzern erklärt zudem, er habe einen Plan für die Umwelt vorgelegt und lokale Gremien konsultiert und verstehe daher nicht, dass die Genehmigung der Aufsichtsbehörde für ungültig erklärt wurde. Im Pressestatement heißt es daher weiter: "Die Unsicherheit bei der Projektgenehmigung ist ein Problem, das die australische Regierung dringend angehen sollte, um das Risiko für Handel und Investitionen in Projekte im ganzen Land zu verringern."
Santos hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Die Gerichtsverhandlung wird ab dem 15. November stattfinden. Die Bewohner der Tiwi-Inseln hoffen, dass sie auch diesen Prozess gewinnen - für ihr Land und für die Umwelt.