Afghanistan und Pakistan Heftige Kämpfe im Grenzgebiet
Angriff und Gegenangriff: Pakistan und Afghanistan liefern sich heftige Kämpfe im Grenzgebiet. Die Sorge vor einer Eskalation in der sicherheitspolitisch schwierigen Region wächst.
Die Taliban haben schweres Geschütz aufgefahren, und sie schießen damit in Richtung Pakistan. Auf Bildern des afghanischen Nachrichtensenders Tolonews ist zu sehen, wie Afghanistans Armee offenbar pakistanische Grenzposten angreift. Vier Pakistaner seien verletzt worden, Dorfbewohner hätten sich in Sicherheit gebracht. Eine Vergeltungsaktion, so die Taliban, nachdem die pakistanische Luftwaffe in der Nacht auf Montag Ziele in Afghanistans östlichen Grenzprovinzen ins Visier genommen hatte.
Scharfe Warnungen aus Afghanistan
"Pakistan hat den Distrikt Barmal in der Provinz Paktika bombardiert", sagt Amir Mohammad, der in der südöstlich gelegenen Region wohnt. Er bitte die Welt, diese Bombenangriffe zu stoppen. Bei diesen sollen mindestens drei Kinder und fünf Frauen getötet worden sein.
Zwei weitere Todesopfer gab es in einem anderen Ort. Um 3 Uhr nachts hätten die Angriffe stattgefunden. Getroffen worden seien Wohnhäuser, sagen Taliban-Vertreter. Das Regime in Kabul protestierte gegen die Verletzung der Souveränität Afghanistans.
Das Islamische Emirat Afghanistan verurteile diese Angriffe aufs Schärfste, teilte Taliban-Sprecher Hamdullah Fitrat mit und warnte: "Wir haben die Erfahrung eines langen Freiheitskampfes gegen die Supermächte der Welt. Wir werden keinerlei Invasion unseres Territoriums tolerieren."
Pakistan rechtfertigt Angriffe mit Kampf gegen Terrormilizen
Ziel der Angriffe sei nicht der Staat Afghanistan gewesen, heißt es dagegen aus Pakistans Hauptstadt Islamabad. Vielmehr sei die pakistanische Luftwaffe gegen Terrorgruppen vorgegangen, die von afghanischen Territorium aus operierten - und immer wieder Anschläge vor allem gegen Armee und Polizei in Pakistan verüben. So vergangenes Wochenende auf einen Kontrollpunkt der pakistanischen Armee. Ein mit Sprengstoff beladener Laster war zur Explosion gebracht worden, sieben Soldaten starben.
Bei der Beerdigung der Opfer kündigte Pakistans Staatspräsident Asif Ali Zardari Vergeltung an: "Pakistan hat beschlossen, dass wir gegen jeden, der unsere Grenzen überschreitet, der unsere Häuser, unser Land betritt und Terror ausübt, mit aller Härte vorgehen werden", so Zadari. Unabhängig davon, wer es sei oder aus welchem Land er komme. Sein Volk und seine Armee würden gemeinsam gegen diese "Terroristen" kämpfen.
Kabul weist Vorwürfe zurück, zu wenig gegen Terror zu tun
Es geht vor allem um die Terrorgruppe TTP, die sogenannten pakistanischen Taliban. Schätzungen zufolge sollen sich 5.000 bis 6.000 von ihnen im Grenzgebiet zwischen beiden Ländern verstecken. Nach den Angriffen der pakistanischen Luftwaffe am frühen Montagmorgen verbreiteten sie ein Video. Ein Kommandant namens Abdullah Shah erklärte darin, er sei noch am Leben. Ein anderslautender Bericht sei falsch.
Die in Kabul regierenden Taliban sagen, sie hätten keinerlei Einfluss auf diese Terrorgruppen. Man tue, was man könne, sagte Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid gestern. Aber auch das habe Grenzen: "Wir lehnen die Anwesenheit jeglicher ausländischer Gruppen in Afghanistan ab", ihnen sei es nicht gestattet, auf afghanischem Boden zu operieren. Allerdings gebe es auch unzugängliche Gebiete an der Grenze zu Pakistan, "die wir nicht kontrollieren", so Mudschahid.
Keine Einigung zwischen Afghanistan und Pakistan in Sicht
Die erst seit Kurzem amtierende pakistanische Regierung unter Premierminister Shebbaz Sharif will offenbar entschlossen gegen Terrorgruppen vorgehen, die Nachbarländer als Rückzugsorte nutzen. Im Januar, noch unter der Vorgängerregierung, hatte es bereits Angriffe auf Terrorgruppen im Südosten des Iran gegeben, nachdem der Iran allerdings zuvor Terroristen in Pakistan attackiert hatte. Der Konflikt mit dem Iran scheint inzwischen beigelegt. Eine Einigung mit den afghanischen Taliban aber scheint derzeit noch in weiter Ferne - eben weil die in Kabul herrschenden Islamisten keine Kontrolle haben über Teile ihres Landes.