Hotelkette Meininger Zum Steuersparen in den Keller
Die deutsche Hotelkette Meininger hat hohe Schulden bei einer Firma auf der Isle of Man. Das ist kein Zufall, so verschiebt die Gruppe Gewinne aus Deutschland. Dem Fiskus entgehen Millionen.
Die Empfehlung der Wirtschaftsprüfer von Deloitte unter der Überschrift "deutsche Steuern" ist eindeutig: Man solle schon einmal ein paar Dokumente erstellen, für den Fall, dass die Betriebsprüfung kommt. So könne man dann belegen, dass die komplizierte Firmenstruktur einen wirtschaftlichen Grund habe - und nicht nur als Steuertrick diene. Denn das wäre illegal. Der Gesetzgeber nennt das in der Abgabenordnung "Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten". Dieser Hinweis findet sich in Dokumenten aus den "Paradise Papers", die minutiös darlegen, wie die Hotelkette Meininger ihre Firmenstruktur steueroptimiert hat.
Meininger wurde im Jahr 1999 gegründet und hat sich auf günstige Übernachtungen spezialisiert. Heute betreibt die Kette 20 Hotels in sechs europäischen Ländern, in Deutschland unter anderem in Berlin, Hamburg und München. 2013 kaufte der britische Reiseveranstalter Holidaybreak die Hotelgruppe. Nach außen änderte sich danach nichts, die zugrundeliegende Firmenstruktur wurde jedoch grundlegend reformiert.
Ratschlag von Profis
Die Expertise dazu kam von Deloitte, einer der weltweit führenden Beraterfirmen. Für die Umsetzung wurden die Anwälte von Appleby, der Offshore-Kanzlei im Zentrum der "Paradise Papers", engagiert. Auf 38 Seiten legte Deloitte Schritt für Schritt dar, wie der Umbau besonders effektiv zu gestalten sei. Formal ging es dabei darum, Meininger organisatorisch von der Reisesparte von Holidaybreak zu trennen. Im Kern - und daran lassen die Unterlagen wenig Zweifel - stand wohl die Frage, wie Gewinne aus Deutschland möglichst steuergünstig nach Großbritannien transferiert werden können.
Gemeinschaftsbüro im Keller
Im Jahr 2014 gründen die Anwälte von Appleby dafür auf der Isle of Man eine neue Firma, die Meininger Finance Company. Diese braucht, das ist Deloitte wichtig, einen eigenen Geschäftssitz auf der Insel, um den Steuerbehörden später glaubhaft zu machen, dass dort wirklich Entscheidungen getroffen werden. Dafür hat Appleby eine Lösung im Angebot: Für umgerechnet rund 7000 Euro pro Jahr befestigen die Anwälte ein Firmenschild von Meininger Finance an einem ihrer Kellerräume. Außerdem stellt die Kanzlei zwei der drei Direktoren. Insgesamt verdient Appleby mit der Meininger-Firma im Keller laut den Unterlagen rund 57.000 Euro im Jahr.
Ein Firmenschild im Keller von Appleby auf der Isle of Man hilft, Steuern zu sparen.
Kreditgeschäft unter Tochterfirmen
Im nächsten Schritt verleiht die neue Isle-of-Man-Firma an die deutsche Meininger-Gruppe rund 135 Millionen Euro. Durch die hohen Zinsen wird in Deutschland der Gewinn gedrückt, damit auch die Steuern. Die Erlöse aus dem Kredit auf der Isle of Man bleiben indes steuerfrei. Die Unternehmenssteuer liegt auf der Insel bei null Prozent. Von dort fließen die Gewinne dann zu Holidaybreak in Großbritannien. Dank einer Vereinbarung für britische Firmen mit Auslandstöchtern auch in diesem Schritt sehr steuergünstig.
Millionenschaden in Deutschland
Am Ende der Rechnung stehen ein hohes Beraterhonorar bei Appleby und Deloitte und eine deutliche Steuerersparnis bei Meininger auf der einen Seite und ein Steuerausfall bei den deutschen Finanzbehörden auf der anderen Seite. Der Steueraktivist Christoph Trautvetter, der für NDR und "Süddeutsche Zeitung" die Bilanzen von Meininger ausgewertet hat, schätzt, dass sich in diesem Fall der jährliche Schaden allein in Deutschland auf einen Millionenbetrag summiert. Für Trautvetter stellt diese Firmenkonstruktion ein klassisches Modell der Gewinnverschiebung dar. Zinsen seien eines der "einfachsten und beliebtesten Mittel, um Gewinne aus Deutschland in Steueroasen zu verschieben".
Die betroffenen Firmen wollten sich auf Nachfrage von NDR und "SZ" nicht zu dem Vorgang äußern. Deloitte teilt mit, zu Kunden könne man sich grundsätzlich nicht äußern. Meininger, Holidaybreak und Appleby wollen den konkreten Vorgang nicht kommentieren, beteuern allerdings, sich stets an alle geltenden Gesetze zu halten.
EU Kommission prüft Steuersparmodell
Meininger und Holidaybreak sind mit diesem Steuersparmodell offenbar nicht allein. Die Europäische Kommission leitete Ende Oktober ein offizielles Prüfverfahren gegen Großbritannien ein. Der Vorwurf: Seit Januar 2013 ermögliche ein neues Steuergesetz britischen Konzernen, mithilfe von Offshore-Tochtergesellschaften auf ihre Profite weniger Steuern zu bezahlen. Das könnte einen Verstoß gegen die EU-Beihilfevorschriften bedeuten.
Bebildert hat die EU Kommission ihre Mitteilung mit einer abstrakten Grafik, die das Steuersparmodell verdeutlicht. Legt man die Mitteilung der Kommission neben die Unterlagen, die Deloitte für Meininger ausgearbeitet hat, fällt auf: Der Mechanismus ist exakt derselbe.