Philippinische Seeleute auf Jobsuche Mehr Angst vor Finanzkrise als vor Seeräubern
Ein großer Teil der Seeleute auf den Weltmeeren stammt von den Philippinen. Sie trifft besonders häufig die Entführung durch Piraten: Gut die Hälfte der 243 Geiseln, die zurzeit noch in der Gewalt somalischer Piraten sind, kommt aus dem Land. Trotzdem suchen noch viele Filipinos eine Möglichkeit, um anzuheuern - aus purer wirtschaftlicher Not.
Von Bernd Musch-Borowska, ARD-Hörfunkstudio Neu Delhi
Im "Seemannspark" in Manila herrscht dichtes Gedränge. 800 bis 1000 Seeleute versammeln sich hier jeden Tag und versuchen, über eine der hier vertretenen Agenturen auf einem Container-Schiff oder Öl-Tanker anzuheuern, für 1300 bis 12.000 US-Dollar pro Monat, je nach Position. Angst vor Piraten haben die meisten hier nicht. Er sei Seemann, sagt Andre Reambonanza, da gehöre das nun mal dazu: "Die Seefahrt ist unser Lebensunterhalt. Für mich ist das die einzige Einnahmenquelle, um meine Familie zu unterstützen."
Mehr als die Hälfte der Entführten sind Filipinos
Rund 40 Prozent aller Seeleute weltweit stammen von den Philippinen. Zur Zeit sind mehr als 350.000 auf den Weltmeeren unterwegs. Von den 25 Besatzungsmitgliedern des saudischen Supertankers Sirius Star, der vor der somalischen Küste von Piraten gekapert wurde, waren 18 Filipinos. 127 von insgesamt 243 Seeleuten, die zur Zeit noch in der Gewalt somalischer Piraten sind, stammen von den Philippinen.
Doch das schreckt die arbeitssuchenden Matrosen im Hafen von Manila nicht ab. Mario Isangani Antora sagt, er habe mehr Angst davor, dass er wegen der weltweiten Rezession bald keinen Job mehr finden könnte: "Wir haben mehr Angst vor der globalen Finanzkrise. Denn das wird die Arbeitsmöglichkeiten für Seeleute noch weiter einschränken. Davor haben wir mehr Angst als vor den Piraten in Somalia."
Piraten gefährden auch Arbeitsplätze
Die Vertreter der Heuerbüros für philippinische Seeleute schätzen, dass wegen der Entwicklung in der Schifffahrtsindustrie im nächsten Jahr bis zu 20.000 Jobs verloren gehen könnten. Die zunehmende Gefahr von Piraten-Überfällen am Horn von Afrika mache die Lage noch schlimmer, sagt Sosipatros Ravanopoulos, von der Agentur Michaelmar: "Die Behörden in Somalia werden mit den Piraten nicht fertig. Die haben die Kontrolle verloren. Wir brauchen Hilfe, um dort wieder Recht und Ordnung herzustellen."
Seeleute fühlen sich allein gelassen
Die Seeleute im Hafen von Manila werfen der philippinischen Regierung vor, nicht genug für die Freilassung der von den Piraten entführten Besatzungsmitglieder zu tun. Und auch die Schifffahrtsagenturen seien untätig, meint der arbeitssuchende Seemann Richard Mendez: "Manchmal hat man einfach Pech und man kommt in so eine Gefahr. Aber oft mangelt es auf den Schiffen an Sicherheit. Auf jeden Fall sollten die Agenturen besser darauf achten. Die wissen doch, wo die Piraten sind, warum vermitteln sie dann noch Leute auf diese Routen?"
Die philippinische Regierung erklärte, sie habe kaum Möglichkeiten die Seeleute vor den Piraten zu schützen. Wegen der Entführungsgefahr gibt es für philippinische Arbeitskräfte ein Entsendeverbot in den Irak. Aber auch das werde meist nicht eingehalten, hieß es.