Teure Sicherheit im Golf von Aden Wer verdient an der Piraterie?
Somalische Piraten haben im Golf von Aden seit Januar 130 Schiffe angegriffen. Für ihre Freilassung fordern die Seeräuber hohe Lösegelder und bekommen sie auch. Sicherheitsfirmen und Versicherungen reagieren mit besonderen Angeboten - und verdienen damit gutes Geld.
Von Esther Saoub, ARD-Hörfunkstudio Kairo
Die Hart Security Company verkauft Sicherheit: in der Luft, zu Land und zu Wasser. Als im Golf von Aden immer mehr Schiffe verschwanden, eröffnete die in Singapur ansässige Firma kurzerhand ein Büro in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa. Von hier aus koordiniert sie eine Art Begleitservice für Schiffe, die die gefährliche Reise vom Suezkanal bis in den Persischen Golf antreten.
Containerschiffe im Suezkanal: Begleitservice bis zur Omanischen Grenze (Archivbild)
Mark Pihema, der Einsatzmanager, erklärt, wie das funktioniert: "Mitarbeiter der Firma treffen die Frachter in Port Said und bringen sie durch den Kanal und das Rote Meer bis in den Golf von Aden." Die erste Mannschaft bereitet das Schiff vor, sie verändert zum Beispiel die Zugänge, damit Piraten schlechter an Bord kommen. Sobald jemenitische Gewässer erreicht sind, kommt das eigentliche Team aufs Schiff und begleitet es bis zur Omanischen Grenze.
Preise und Details sind Geschäftsgeheimnis
Die Sicherheitsteams seien immer bewaffnet. Alles andere wäre zu gefährlich, für die eigenen Leute genauso wie für die Schiffsbesatzung, sagt Pihema. Je nach Geschwindigkeit des Schiffes kann die Reise vom Mittelmeer in den Persischen Golf bis zu sechs Tage dauern. Preise will Mark Pihema nicht verraten, ebensowenig wie Details über die Kunden.
"Es ist teuer geworden, einen Frachter zu versichern"
Auch der Versicherungsmakler Paul Agate, tätig für den britischen Branchenriesen Lloyd's, rückt weder Kundennamen noch Preise raus. Bestätigt allerdings, dass sich die Versicherungssummen in den letzten Jahren dramatisch nach oben entwickelt haben: "Seit das Problem im Golf von Aden besteht, ist es teuer geworden, einen Frachter zu versichern, der hier durchfährt. Die Policen sind aufs zehn- bis fünfzehnfache gestiegen."
Drei bis vier Millionen Dollar könne eine Entführung den Versicherer kosten, sagt Agate - inklusive Lösegeld und Schadenersatz für beschädigtes Transportgut. Pleite gegangen ist trotzdem noch niemand. Die Firmen berechnen ganz einfach ihr Risiko und legen es auf die Kunden um: "Wenn Sie hundert Schiffe nehmen, die am Tag durch den Golf von Aden fahren, und die Wahrscheinlichkeit, dass eines davon entführt wird, ist eins zu hundert, dann können Sie sich ausrechnen, das es mit den momentanen Preisen gut läuft für die Versicherer", sagt Agate.
Entführungs-Rundum-Paket mit Event-Management-Team
Lloyd's hat seit Oktober 2008 zwei neue Angebote auf dem Markt: Das eine ist ein Deal mit der privaten Sicherheitsfirma Hart. Wer deren Leute mit an Bord nimmt, erhält einen Preisnachlass bei der Versicherung. Und dann gibt es noch das Entführungs-Rundum-Paket: Sollte das Schiff geentert werden, wird sofort ein Event-Management-Team aktiv, das den Reeder unterstützt und mit den Entführern verhandelt.
Das Lösegeld ist ebenfalls abgedeckt - man hat sich auf die neuen Zeiten eingestellt. Und genau hier greift die Kritik der Somalis: Fischereiminister Abdulrahman Ibrahim ist nicht gut auf die Sicherheitsfirmen zu sprechen: "Sie sind es doch, die die Piraten ermutigen! Jede private Firma tritt mit dem Versprechen an, mit dem Problem fertig zu werden, aber was würden sie machen, wenn keine Piraten mehr da wären?", fragt er. "Die Versicherungen sind die schlimmsten. Sie wollen, dass ihre Prämien steigen. Es liegt doch in ihrem Interesse, zu sagen, wer in somalische Gewässer fahren will, muss eben mehr bezahlen." Den Anti-Piraten-Einsatz der EU nennt der Minister gut gemeint, aber letztendlich eine Verschwendung von Steuergeldern.
"Die Piraten kommen vom Land, nicht vom Meer"
Denn auf dem Meer lässt sich das Problem nicht lösen, sagt Ibrahim: "Der beste Weg, die Piraten los zu werden, ist die Unterstützung der somalischen Regierung. Die Piraten sind nicht vom Meer gekommen, sondern aus dem Land. Man muss die Piraterie erst an Land bekämpfen, bevor man auf See geht." Ibrahim schwebt eine Zusammenarbeit zwischen der EU, den privaten Firmen und seiner Regierung vor: Die Ausländer liefern ihre Technologie, die Somalis stellen die Leute. Aber momentan sieht es nicht nach einer solchen Lösung aus.
Stattdessen steigt auch noch eine südafrikanische Sicherheitsfirma ins Geschäft ein, mit dem Slogan: "Wir lösen das Problem, denn wir kennen die Afrikaner." Dass dieses Fachwissen Geld kostet, versteht sich von selbst.