Streit um rechtsstaatliche Prinzipien EU-Kommission stellt Polen Ultimatum
Im Streit um die Justizreform in Polen hat die EU-Kommission der polnischen Regierung ein Ultimatum gestellt. Warschau hat jetzt drei Monate Zeit, um von Brüssel beschlossene Empfehlungen umzusetzen. Gibt es keine zufriedenstellende Lösung, sind Sanktionen möglich.
Im Streit um Einschränkungen für das polnische Verfassungsgericht hat die EU-Kommission der Regierung in Warschau ein Ultimatum gestellt. Polen habe nun drei Monate Zeit, um die Reformen beim Verfassungsgericht abzumildern, sagte der Vize-Präsident der EU-Kommission, Frans Timmermans. Trotz der Gespräche seit Jahresanfang seien die Hauptaspekte, die das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit gefährdeten, weiterhin nicht ausgeräumt.
Bei den Wahlen im Herbst 2015 war die nationalkonservative Partei PiS in Polen an die Macht gekommen. Sie brachte mehrere Reformen auf den Weg, unter anderem eine, die das Verfassungsgericht erheblich schwächt.
Die EU-Kommission wirft dem Mitgliedsstaat vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht, die Unabhängigkeit des Gerichts eingeschränkt und seine Beschlüsse missachtet zu haben.
"Schwerwiegende und anhaltende Verletzung"
Die Kommission fordert, dass drei Richter, die bereits von der Vorgängerregierung ernannt wurden, ihre Posten antreten müssen. Zudem sollen Urteile veröffentlicht und umgesetzt werden, um sicherzustellen, dass die Entscheidungen des Gerichts nicht von einem anderen Staatsorgan abhängig seien.
Die polnische Regierung reagierte pikiert auf die Vorwürfe aus Brüssel. Innenminister Mariusz Blaszczak sagte in Krakau: "Ich bin erstaunt über die Entscheidung der Europäischen Kommission, die die Mitgliedstaaten eher unterstützen sollte." Er fügte hinzu, die Kommission habe "offenbar die Lehren aus dem Brexit nicht gezogen". In einer Stellungnahme des Außenministeriums hieß es, bei der Warschauer Regierung führten die EU-Forderungen zur Frage, ob sich die Kommission an die "Grundlage der loyalen Zusammenarbeit mit den Mitgliedsländern" halte.
Verlust von Stimmrechten droht
Wenn die Regierung in Warschau nicht einlenkt, könnte die EU-Kommission die Anwendung von Artikel 7 der EU-Verträge vorschlagen. Er sieht vor, dass bei einer "schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung" der im EU-Vertrag verankerten Werte einem Mitgliedsland in letzter Konsequenz auch die Stimmrechte entzogen werden können.
Im Falle Polens hatte die Brüsseler Behörde Anfang des Jahres erstmals ein Verfahren gegen ein Mitgliedsland wegen möglicher Verletzungen der Rechtsstaatlichkeit eröffnet. Allerdings kann die Kommission alleine keine Sanktionen wie den Stimmrechtsentzug verhängen. Dazu müssten die anderen Mitgliedstaaten einstimmig feststellen, dass es in Polen einen schwerwiegenden und anhaltenden Verstoß gegen EU-Grundwerte gibt. Der Polen-Verbündete Ungarn hat bereits klar gemacht, dass er Sanktionen gegen Warschau nicht unterstützen würde.