Elektrokonzern holt Mitarbeiter zurück Arbeiten in Japans gesperrter Zone
Wohnen können die Menschen in Iitate noch nicht. Seit Fukushima ist die radioaktive Belastung zu hoch. Zum Arbeiten dürfen sie aber wieder hin, unter strengen Bedingungen. Ein Konzern lockte seine Beschäftigten mit einer Festanstellung.
Von Peter Kujath, ARD-Hörfunkstudio Tokio, zurzeit in Iitate
Während die Häuser in Iitate von ihren Bewohnern verlassen wurden, summen und knarren die Maschinen einer Fabrik mitten im Ort weiter. 240 Arbeiter von Kikuchi stellen hier Teile für Handys, Kameras und Kopiergeräte her. "Die Menschen kommen jetzt aus der Stadt Fukushima. Dorthin wurden sie größtenteils evakuiert. Früher war ich schnell in der Arbeit. Jetzt brauche ich ungefähr 50 Minuten", sagt Hiromi Sato, der stellvertretende Fabrikleiter.
Wie seine Kollegen wohnte er früher in Iitate, etwa 50 Kilometer nordwestlich des havarierten Atomkraftwerks Fukushima 1. Mitte April 2011 forderte die japanische Regierung die Bewohner auf, ihre Häuser wegen der radioaktiven Belastung zu verlassen. Kikuchi erhielt jedoch mit strengen Auflagen die Erlaubnis, in Iitate weiter zu produzieren.
Festanstellung räumt Zweifel aus
"Die Unsicherheit bei den Menschen war schon da, aber man konnte ihnen auf diese Weise eine dauerhafte, feste Anstellung zusichern. Das ist gerade in diesen Zeiten sehr wichtig", sagt Sato. Was die gesundheitlichen Bedenken angeht, hätte das Unternehmen etliche Maßnahmen ergriffen, etwa eine Luftdusche am Eingang. "Ich glaube, dass wir auf diese Weise die Sorgen etwas zerstreuen können."
Innerhalb der Räume der Fabrik beträgt die radioaktive Strahlung nur 0,3 Mikrosievert pro Stunde. Das entspricht in etwa dem Wert im Norden Tokios. Die Hallen sind abgedichtet und besondere Klimaanlagen sorgen dafür, dass keine radioaktiven Partikel hineinkommen. Draußen sieht es anders aus. "Wegen eines staatlichen Dekontaminierungsprojekts im Dezember und Januar rund um die Fabrik wurde zum Beispiel der Asphalt abgetragen und anschließend neu gemacht. Auch die Erde hat man bis zu einer Tiefe von fünf Zentimetern entsorgt", sagt Sato.
Früher habe es draußen in der Luft Werte von zwei bis drei Mikrosievert pro Stunde gegeben, jetzt seien es nur noch 0,7.
Geigerzähler misst die Strahlung
Dennoch trägt jeder der Arbeiter einen Geigerzähler bei sich, der 24 Stunden am Tag die Belastung aufzeichnet. Wenn sich der Wert 20 Millisievert pro Jahr nähert, wird die betroffene Person in das Werk in Nihonmatsu versetzt. Bisher ist das bei fünf Personen erfolgt. Hiromi Satos Zähler steht derzeit bei acht Millisievert. "Am 11. März wird die Menge wieder auf '0' zurückgestellt. Es wird also jährlich neu gemessen, was man an radioaktiver Belastung abbekommt", erzählt er.
Dies hat aber zur Folge, dass über die Jahre der Grenzwert von 20 Millisievert deutlich übertroffen werden kann. Was die Produkte von Kikuchi angeht, gibt es seitens der Zentralregierung keine Vorschriften, aber die Firma hat mit ihren Kunden Grenzwerte vereinbart. Die Produkte seien nicht das Problem, was die radioaktive Belastung angeht, sagt Sato.
"Aber die Stellfläche, auf der die Produkte gelagert werden - das war ein Problem. Wir hatten Holzpaletten benutzt, die aber besonders gut radioaktive Partikel speichern. Deshalb haben wir auf Plastikpaletten umgestellt", erklärt er.
Produktionseinbußen habe es nicht gegeben, meint der stellvertretende Fabrikleiter in Iitate. Natürlich macht auch er sich Sorgen wegen der radioaktiven Belastung. Aber innerhalb des Betongebäudes gibt es aus seiner Sicht keinen Grund dafür. Draußen spazieren gehen sollte aber man lieber nicht.