Fall Puigdemont Was Europa jetzt tun kann
Europäische Politiker unterstützen Kataloniens Ex-Präsidenten, können aber wenig für ihn tun. Zur Entspannung des Konflikts in Spanien könnte die EU jedoch etwas beitragen.
In Brüssel erinnert man sich noch gut an Carles Puigdemont. Wenn er sprach, kurz nach seiner Flucht aus Barcelona, dann hörten ihm noch alle zu. Und zu sagen hatte er viel: "Wir werden nicht vor der juristischen Verantwortung weglaufen!"
Dazu hat Puigdemont ohnehin keine Chance. Er sitzt in Neumünster im Gefängnis. Es gibt einige EU-Politiker, die Deutschland drängen, ihn nicht nach Spanien auszuliefern. Zuletzt hatte dies Ivo Vajgl aus Slowenien gefordert, früher slowenischer Außenminister und heute Europaabgeordneter. Sein Einfluss in dieser Sache ist aber eher indirekter Natur - immerhin hat er Puigdemont im Gefängnis besucht, um ihm Unterstützung anzubieten.
Unterstützung von Separatisten
Hätte es der ehemalige katalanische Präsident bis nach Belgien geschafft - dort wollte er ja eigentlich wieder hin, er wurde aber auf dem Transit durch Deutschland verhaftet - dann hätte Puigdemont wohl auf die praktische Hilfe des belgischen Innenstaatssekretärs Theo Francken rechnen können. Als Vertreter der flämischen Separatistenpartei N-VA wollte er Puigdemont schon gleich nach seiner Ankunft in Belgien einen Asylantrag anbieten, der angesichts der belgischen Rechtslage auch bei EU-Bürgern genehmigungsfähig wäre. Dazu wird es jetzt nicht mehr kommen.
Puigdemont-Helfer fordern auch von der EU-Kommission Unterstützung. Sie soll dafür sorgen, dass Puigdemont nicht in Deutschland im Gefängnis sitzen muss - und auch nicht in Spanien. Aber aus Brüssel gibt es keine Stellungnahme dazu.
Die EU-Kommission darf sich nur unter besonderen Bedingungen in die Belange eines EU-Mitgliedslandes einmischen, mit Verfahren etwa gegen mangelnde Rechtsstaatlichkeit wie in Polen. Die EU-Verträge sind hier sehr klar. Mit größtem Respekt vor der Innenpolitik der Mitgliedstaaten, sofern keine Verstöße gegen Grundwerte vermutet werden. In Spanien hat die EU-Kommission keine Bedenken geäußert. Trotzdem wird der Druck größer, sich in diesen Fall einzuschalten.
Darüber wird intern diskutiert. Die Person Puigdemont spielt hier aber keine Rolle - wohl aber Katalonien.
Möglichkeiten der EU
Szenario eins: Die EU-Kommission vermittelt zwischen Madrid und Barcelona. Bedingung: beide Seiten müssen sich einig sein. Also: Madrid muss den Unabhängigkeitswunsch akzeptieren. Die EU-Kommission könnte dann eine neue Volksabstimmung überwachen. Die müsste in ganz Spanien abgehalten werden, weil es um territoriale Grenzen geht. Nicht nur die Katalanen dürften darüber entscheiden.
Zweites Szenario in Brüssel: Die EU-Kommission tut mehr für regionale Selbstbestimmung - nicht nur in Katalonien, sondern auch anderswo. Vorbild könnte der Föderalismus in Deutschland sein: hier haben die Bundesländer viel mehr Rechte als etwa Katalonien. Ministerpräsidenten dürfen Staatsbesuche im Ausland unternehmen, und sie dürfen über Berlin hinweg auch Abkommen in eigener Regie beschließen, sofern es um nachbarschaftliche Dinge geht, die ein Bundesland besonders betreffen.
Der Fall Puigdemont könnte also auch in Brüssel einiges in Bewegung bringen - aber wohl kaum für die Zukunft des ehemaligen katalanischen Regionalpräsidenten.