Fragen und Antworten Mögliche EU-Sanktionen gegen Russland

Stand: 06.03.2014 03:47 Uhr

Auf ihrem Sondergipfel beraten die EU-Staaten derzeit über mögliche Sanktionen gegen Russland. Welche Schritte werden diskutiert? Wen würden sie treffen? Und wie könnte Russland reagieren? tagesschau.de beanwortet wichtige Fragen.

Welche politischen Sanktionen könnte die EU verhängen?

Die 28 EU-Staaten haben verschiedene Möglichkeiten, um Russland unter Druck zu setzen. Die EU-Außenminister drohten bereits damit, die seit dem Jahr 2008 laufenden Verhandlungen über ein neues Rahmenabkommen für die Zusammenarbeit zwischen Russland und der EU zu stoppen. Dies hätte aber nur geringe Wirkung, weil die Gespräche ohnehin seit längerem schleppend verlaufen. Die EU könnte auch den Dialog mit Russland über die Abschaffung der Visa-Pflicht unterbrechen. Russland hat seit langem großes Interesse daran, dass die meisten seiner Bürger nur mit ihrem Reisepass - und ohne Visum - in die EU einreisen können. Eine dritte mögliche Maßnahme wären Einreiseverbote für bestimmte Personen. Auch könnten ausgewählte Konten und Vermögen in den EU-Staaten eingefroren werden - zum Beispiel von Russlands Präsident Wladimir Putin oder einflussreichen anderen Russen. Für einen ähnlichen Schritt hat sich die EU bereits im Fall von 18 Ukrainern entschieden, die sie für Gewalt und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich macht.

Welche wirtschaftlichen Sanktionen könnte die EU verhängen?

Die EU-Staaten könnten zunächst einzelne russische Firmen - zum Beispiel bestimmte Staatskonzerne - auf eine schwarze Liste setzen. Unternehmen in der Europäischen Union dürften dann mit diesen Firmen keine Geschäfte mehr machen. Denkbar wäre auch, die Waffenexporte nach Russland zu verbieten. Das träfe vor allem Rüstungsfirmen in Frankreich und Deutschland. Aber auch weiterführende Handelsbeschränkungen sind denkbar.

Wie eng sind die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und der EU?

Sanktionen im Handelsbereich bekämen vielfach auch die europäische Wirtschaft und die EU-Verbraucher zu spüren, wenn der Kreml mit ähnlichen Schritten reagieren sollte. Denn Russland ist derzeit der drittgrößte Handelspartner der EU. Mehr als sieben Prozent der EU-Exporte gehen bislang dorthin und sogar rund zwölf Prozent der EU-Einfuhren kommen von dort. Vor allem im Energiebereich besteht eine enge Zusammenarbeit: Rund zwei Drittel der russischen Exporte betreffen die Rohstoffe Erdöl und Erdgas. Umgekehrt bezieht zum Beispiel Deutschland knapp 40 Prozent seiner Gasimporte aus Russland. Auch bei Ölimporten verlässt sich Deutschland zu mehr als einem Drittel auf russische Lieferungen.

Welche Sanktionen erfordern die Hilfe von Partnern?

Einige der diskutierten Sanktionen erfordern die Unterstützung anderer Staaten oder könnten durch deren Hilfe in ihrer Wirkung deutlich verstärkt werden. Eine Variante wäre, Russland aus der "Gruppe der Acht" (G8) auszuschließen, deren Vorsitz Russland in diesem Jahr hat. Die Vorbereitung des für Juni geplanten Gipfels in Sotschi legten die anderen sieben Staaten - die USA, Kanada, Japan, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Italien - bereits auf Eis. Kanadas Ministerpräsident Stephen Harper brachte den Ausschluss Russlands aus der G8 ins Spiel. Neben dieser politischen Sanktionsmöglichkeit könnten sich vor allem die USA auch den Europäern anschließen, wenn es um das Einfrieren von Auslandskonten von ausgewählten Russen geht. Hinzu käme auch die Möglichkeit, russischen Banken das Geschäft im Westen zu erschweren. Die US-Behörden könnten auf Grundlage von Gesetzen, die nach den Anschlägen vom 11. September 2001 zur Verfolgung von Verdachtsfällen der Terrorfinanzierung erlassen wurden, gegen Institute aus dem osteuropäischen Land vorgehen. Der konkrete Ansatzpunkt dafür könnte Russlands Unterstützung für die Regierung des syrischen Präsidenten Baschar al Assad sein.

Wie könnte Russland auf Sanktionen reagieren?

Russland könnte seine Öl- und Gaslieferungen an die EU-Staaten drosseln. Offen wurde bereits mit diesem Schritt gedroht. Käme es dazu, wären wahrscheinlich steigende Weltmarktpreise die Folge. Das könnte auch die konjunkturelle Erholung in der EU beeinflussen. Allerdings müsste die russische Seite dann schrumpfende Einnahmen aus der wichtigsten Devisenquelle hinnehmen - falls es nicht gelingt, die Rohstoffe zum Beispiel an asiatische Abnehmer zu verkaufen. Die russische Regierung könnte sich als weitere Gegenmaßnahme auch dazu entschließen, ausländische Konten einzufrieren oder sogar Eigentum von Europäern und US-Amerikanern zu beschlagnahmen und diese damit zu enteignen. Zusätzlich könnte Russland entscheiden, Kredite von US-Banken nicht mehr zurückzuzahlen oder US-Staatsanleihen zu verkaufen, um die Regierung in Washington in Schwierigkeiten zu bringen.

Wie denken die EU-Regierungen über Sanktionen?

Innerhalb der EU machen sich vor allem Schweden und die osteuropäischen Staaten für Sanktionen gegen Russland stark. Zurückhaltend gaben sich dagegen vor allem Frankreich, Großbritannien und südeuropäische EU-Länder. Letztere wollen vor allem ihre Wirtschaft wieder in Gang bringen und fürchten, dass Sanktionen die Konjunkturerholung stören könnten. Für die Briten spielt die Überlegung eine Rolle, dass der Finanzplatz London im Falle von Sanktionen für russische Oligarchen und deren Geld an Attraktivität verlieren könnte. In einer vermittelnde Rolle positioniert sich bislang Deutschland. In den vergangenen Tagen wandten sich sowohl Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier als auch Bundeskanzlerin Angela Merkel gegen schnelle Sanktionen und setzten zunächst auf Dialog. Allerdings zeigte sich die Bundesregierung zu Sanktionen bereit, falls der Kreml nicht einlenken und zur Deeskalation beitragen sollte.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das nachtmagazin am 06. März 2014 um 00:55 Uhr.