Sarkozy wirbt in Dublin für EU-Referendum Besuch bei gründlich vergrätzten Iren
Kühler Empfang für Frankreichs Präsident Sarkozy: Schon vor seinem Eintreffen in Irland demonstrierten Hunderte Menschen gegen den amtierenden EU-Ratspräsidenten. Denn dort ist man nach Sarkozys Kritik an Irlands "Nein" zum EU-Referendum gründlich vergrätzt.
Von Ralf Borchard, BR-Hörfunkstudio London
Nicolas Sarkozy ist der Elefant im Porzellanladen - so sieht es jedenfalls die irische Opposition. Mit einer Bemerkung im Vorfeld seines Besuchs hat er für erheblichen Ärger gesorgt. "Irland wird ein zweites Mal abstimmen müssen", sagte Sarkozy vor Parteifreunden zum Thema Lissabon-Vertrag. So etwas mögen die Iren überhaupt nicht: Der französische Präsident ist willkommen in Irland, willkommen, zu sprechen, mit wem er will. Nicht willkommen ist allerdings, uns zu diktieren, was wir als Land zu tun haben", so der Chef der irischen Labour-Partei, Eamon Gilmore.
Dublin kann auf Schnellschüsse aus Paris verzichten
Für die Regierung in Dublin war die Sarkozy-Bemerkung Gift. Sie versucht nach dem Nein der Iren vor fünf Wochen behutsam den Boden zu bereiten für einen Ausweg aus der Krise, möglicherweise tatsächlich mit einem zweiten Referendum. Nur: sie braucht Zeit und keine Schnellschüsse des französischen Präsidenten. Der irische Europaminister Dick Roche versucht zu beruhigen: "Wir wissen doch immer noch nicht genau, was er wirklich gesagt hat. Ich glaube das wird stärker aufgebauscht als nötig."
Auch über Sarkozys Besuchsprogramm gibt es Streit: Nach einem Mittagsessen mit Regierungschef Brian Cowen war zunächst ein öffentliches Diskussionsforum geplant, in dem die ganze Palette der Gegner des Lissabon-Vertrags zu Wort kommt. Jetzt sind nur 15 "Vertreter des öffentlichen Lebens", in die französische Botschaft geladen. Jeder soll Sarkozy ein Drei-Minuten-Referat halten. Die frühere Europaabgeordnete Patricia McKenna ist empört: "Die Regierung hat wohl gezögert, Sarkozy einer wirklichen Debatte auszusetzen, um der Nein-Seite nicht zu viel Gewicht zu geben."
Gattin Carla wäre hilfreich gewesen
Die Iren rümpfen auch die Nase darüber, dass sich Sarkozy nur vier Stunden Zeit für den Besuch in Dublin nimmt. In London war er vor kurzem fast drei Tage lang. Mit Carla Bruni. Sie ist in Dublin nicht dabei - für den irischen Politikwissenschaftler Hugo Brady ein schwerer Fehler: "Seine attraktive Frau mitzubringen, wäre eine große Hilfe gewesen. Denn ein Problem mit dem Vertrag von Lissabon war: die Leute in Irland hatten nicht wirklich Lust, sich damit zu beschäftigen. Eine Berühmtheit wie Carla Bruni könnte als eine Art Botschafterin in Sachen EU auftreten, wie es andere Prominente als UN-Botschafter für gute Zwecke tun." Bradys Fazit: Es wird sehr schwer werden, den Besuch zum Erfolg zu machen.