Expertengruppe zum Bürokratieabbau in EU Stoiber vermeldet Einsparungen
Sieben Jahre hat Edmund Stoiber mit seiner Expertengruppe am Bürokratie-Abbau in der EU gefeilt. Nach eigener Aussage hat er Europa damit Kosten von mehr als 33 Milliarden jährlich Euro erspart. Und damit das auch in Zukunft so weitergeht, hat der ehemalige bayerische Ministerpräsident ein eigenes Instrument entwickelt: den "Bürokratie-Check".
Wenn die Europäer an Europa denken, fallen ihnen leider immer wieder die falschen Dinge ein - zu dieser Erkenntnis ist Edmund Stoiber gelangt: "Europa ist die Schnullerketten-Verordnung auf 52 Seiten, Europa ist die Pizza-Nepaolitana-Bestimmung auf 68 Seiten - damit wird Europa lächerlich gemacht." Nicht alles, was in Brüssel geregelt werden kann, muss deshalb auch dort geregelt werden, fordert Stoiber.
Sieben Jahre lang hat Edmund Stoiber - ehrenamtlich, wie er bei jeder Gelegenheit betont - in Brüssel eine Arbeitsgruppe geleitet, die sich dem Bürokratie-Abbau in der EU verschrieben hatte: "Mein wichtigstes Ziel war, in Brüssel auch für eine neues Denken zu werben: Nicht alles, was geregelt werden kann, muss auch geregelt werden."
Eine "außerordentliche Weichenstellung"
Sich auch ein wenig selbst die Schulter tätschelnd befindet Stoiber, dass seine Botschaft beim Noch-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso angekommen sei: "Großer Einsatz bei großen Themen, Zurückhaltung bei kleinen Dingen - das ist genau der Punkt. Und das ist eine außerordentliche Weichenstellung, die vor zehn Jahren nicht vorstellbar war."
Dass in Europa oft Groß und Klein, Wichtig und Unwichtig, durcheinandergewürftelt würden, könne man nicht immer nur Brüssel in die Schuhe schieben, so der ehemalige bayerische Ministerpräsident. 124 Milliarden Euro an Bürokratie-Kosten würden durch EU-Regelungen verursacht. Aber ein Drittel davon entstünden, weil die Einzelstaaten diese nicht kostensparend umsetzten: "Das kann Brüssel nicht alleine schultern. So dauert zum Beispiel die Vergabe öffentlicher Aufträge 77 Tage in Litauen, aber 241 Tage in Malta. Das sind enorme Kosten!"
Die Expertengruppe habe dazu beigetragen, dass europaweit jedes Jahr "mehr als 33 Milliarden Euro" an Bürokratiekosten eingespart worden seien, sagte Stoiber in Brüssel. Damit hätte er die eigentlichen Vorgaben übertroffen: Zielvorgabe war eine Reduzierung der Bürokratielasten um 25 Prozent. Die EU-Kommission gab nun rund 27 Prozent an Kosten-Einsparungen für die Unternehmen in Europa an.
Der größte Teil entfällt demnach mit 18,8 Milliarden Euro auf die Entscheidung, dass Finanzämter von Unternehmen statt Rechnungen in Papierform auch elektronische Rechnungen bei der Umsatzsteuer akzeptieren. Stoiber hatte 2007 den Posten des Leiters einer sogenannten High-Level-Group zum Bürokratieabbau in Brüssel übernommen.
Kritik an Bundesregierung
Das Thema Bürokratie bewegt Edmund Stoiber, das ist schwer zu überhören. Und auch die Bundesregierung bekommt ihr Fett weg. Der Bayer in Brüssel geht scharf ins Gericht mit dem Mindestlohn: "Politisch gesehen eine dolle Sache! Aber dass die Folgekosten zehn Milliarden Euro betragen, dass da plötzlich 1600 neue Planstellen geschaffen werden müssen zur Kontrolle dieser Mindestlohngeschichte", das stünde auf einem anderen Blatt.
Lösung: der "Bürokratie-Check"
Wie aber nun lässt sich das Bürokratie-Problem aus Stoiber-Sicht lösen? Jedes neue Gesetz, jede neue Vorschrift, so einer der Vorschläge, müsse einem sogenannten Bürokratie-Check unterzogen werden: "Das Europäische Parlament muss wissen: Das ist das Gesetz - und das kostet es an Bürokratie. Und dann muss es entscheiden, ob man das trotzdem macht oder ob man versucht, das nochmal zu verändern, weil so viele Kosten entstehen.“
Genau das lässt allerdings beispielsweise bei Verbraucherschützern die Alarmglocken schrillen: Man brauche nun mal dringend Gesetze für die Umwelt oder für die Lebensmittelsicherheit. Wenn man die nur von der Kostenseite her betrachte, dann sei das bedenklich. Stoibers Warnung geht in die umgekehrte Richtung: wenn in Europa immer mehr geregelt werde, schwinde das Ansehen der EU.
Genau diese Debatte, was eigentlich wichtiger ist, wird Europa so schnell nicht loswerden. Und die wird selbst dann noch anhalten, wenn Edmund Stoiber Brüssel längst wieder verlassen hat.