Streit um Hafermilch-Werbespot Das Tiroler Milch-Debakel
Manchmal genügt ein Latte Macchiato, um eine Debatte um Wertschätzung und Heimatverbundenheit auszulösen. So geschehen in Tirol - wo ein Werbefilm für Tourismus der Landwirtschaftskammer kräftig auf den Magen geschlagen ist.
In Tirol hat ein Werbeclip, der eigentlich Urlauberinnen und Urlauber in die Region locken soll, eine Debatte um einen vermeintlichen Affront gegen die heimische Landwirtschaft ausgelöst. Der Ursprung allen Ärgers: ein Latte Macchiato mit Hafermilch.
Veröffentlicht hat den knapp anderthalbminütigen Clip die Tourismusmarketing-Organisation Tirol Werbung. Der Star im Video ist die Figur des Krampus - des im volkstümlichen Glauben bösen Begleiters von Sankt Nikolaus. Die meist recht zottelige Gestalt ist vor allem in Österreich, Südtirol und Bayern bekannt, taucht stets zur Adventszeit auf und ist für das Bestrafen böser Kinder zuständig.
Im Werbeclip allerdings zeigt sich der Krampus von seiner liebenswerten Seite: Er findet den verlorenen Handschuh eines Mädchens und bringt ihn der jungen Besitzerin zurück, die er in einem Gasthaus findet. Als Dank fragt die Wirtin, was sie für den Krampus tun könne - und der bestellt daraufhin besagten Latte Macchiato mit Hafermilch.
"Come as you are" - "Kommen Sie, wie Sie sind - in Tirol ist jeder willkommen", titelt die Werbung und soll laut Marketingagentur "modernes und urbanes Klientel" für einen Urlaub in der Bergregion gewinnen.
Er gehört in Österreich, Bayern und im Südtirol in der Vorweihnachtszeit dazu: Der Krampus als schauriger Begleiter des Heiligen Nikolaus.
Affront gegen "authentische Tiroler Milch"
Doch der Hafermilch schlürfende Krampus kam nicht bei allen in Tirol gut an. Vor allem aus der Tiroler Landwirtschaftskammer kam heftige Kritik an der Werbeidee. Präsident Josef Hechenberger zeigte sich sogar "extrem schockiert" angesichts des "Affronts" gegen die "authentische Tiroler Milch".
In dem Werbeclip werde die "tägliche Arbeit der Bauernfamilien" nicht "entsprechend respektiert", betonte Hechenberger im Gespräch mit dem ORF. Zudem würden die Bauern mit ihren Kühen dafür sorgen, "dass die Kulturlandschaft - die als Kulisse zahlreicher Werbevideos dient - für Einheimische wie für Touristinnen und Touristen so ansprechend ist". Doch stattdessen werde in dem Video "einfach ein Lebensmittel, das ich nicht werten will, in den Vordergrund gestellt", so der Präsident der Landwirtschaftskammer, "was wir aber nicht haben in Tirol, das importiert wird und das in keinster Weise die Grundlage für den Tourismus liefert".
Video soll überarbeitet werden
Patricio Hetfleisch, Chef der Kommunikationsabteilung von Tirol Werbung, äußerte sich im Interview mit der Zeitung "Der Standard" etwas "irritiert über die Vehemenz" der Kritik vonseiten der Landwirtschaftskammer. Es tue ihm leid, "wenn Menschen dieses Video möglicherweise in den falschen Hals bekommen haben". Das liege aber keinesfalls an "mangelnder Wertschätzung für unsere Bauern", so Hetfleisch:
In Tirol ist die Milchwirtschaft eine sehr bedeutende. Veredeltes Gras, das zur Milch wird, gehört mittlerweile zur Identität des Landes und ist ein wertvoller Rohstoff.
Um in der Hafermilch-Debatte für Frieden zu sorgen, hat Tirol Werbung zugesichert, den Werbespot überarbeiten zu wollen und künftig mehr "Sensibilität" in ihrem Werbeformaten an den Tag legen zu wollen.
Werbefilm mit Cannes-Auszeichnung
Mit ihrem vermeintlichen Kampf für die Milchbauern startet die Landwirtschaftskammer übrigens recht spät: Immerhin wirbt der Krampus mit Vorliebe für Milchersatzprodukte auf Youtube bereits seit rund einem Jahr für eine Reise nach Tirol.
Seit Beginn der Diskussion um "echte" und "unechte" Milch mehren sich auf dem Internetportal die Kommentare mit oft spöttischem Bezug zur Debatte. "Jetzt möchte ich auch gerne einmal nach Tirol, wenn dort auch VeganerInnen willkommen sind", heißt es von einem Nutzer. Ein anderer nennt es "lächerlich", dass Bauern sich durch das Video schlecht dargestellt fühlen könnten.
Die Jury der Cannes Corporate Media & TV Awards hatte an dem Spot ebenfalls nichts auszusetzen - im Gegenteil: Erst vor einigen Wochen war das Video auf dem weltweit einzigen Filmfestival für Wirtschaftsfilme unter rund 800 Beiträgen aus etwa 40 Ländern weltweit ausgezeichnet worden.