EU-Finanzrahmen Komplizierte Rechnung
Allein der Abgang der Briten sorgt für eine ordentliche Lücke im EU-Etat. Hinzu kommen Konjunktursorgen. Das Ruder bei den Haushaltsverhandlungen haben längst nicht mehr die EU-Finanzminister in der Hand.
Wenn Europas Finanzminister sich heute in Brüssel treffen, dann tun sie das beinahe im Schatten der anderen, der Außenminister und der Europaminister.
Denn sie - und nicht die Finanzminister - werden über das reden, worauf beim Thema Geld in der EU im Moment alle blicken: Auf die Frage nämlich, wer in den kommenden Jahren wieviel Geld in den Haushalt der Europäischen Union einzahlt - und wer davon wieviel und wann wieder zurückbekommt.
Die Rede ist vom mittelfristigen Finanzrahmen der EU, der immer für eine siebenjährige Periode geschnürt wird. Wenn man sich nicht einig wird, droht der EU so etwas wie eine Zahlungsunfähigkeit. Die Zeit drängt, das Thema steht ganz oben. Und deshalb ist es jetzt eben nicht mehr Sache der Finanzminister, obwohl sie bisher alles vorbereitet hatten.
"Die wichtigste Aufgabe ist jetzt zunächst sicherlich mal, dafür zu sorgen, dass wir es schaffen, dass der mehrjährige Finanzrahmen in diesem Jahr beschlossen wird", sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz noch im Januar.
Die EU-Finanzminister beschäftigen sich unter anderem mit dem Eurozonenbudget.
Sorgen wegen nachlassender Konjunktur
Doch bewegt hat sich seitdem nichts. Weil es kompliziert ist. Der Abgang der Briten aus der EU reißt eine viele Milliarden Euro schwere Lücke in den Haushaltsplan. Die finanzstarken Nettozahler, zu denen Deutschland, die Niederlande oder die Skandinavier gehören, wollen diese nicht allein stopfen.
Aber für die Finanzierung des sogenannten Green Deal, damit Europa spätestens 2050 der erste klimaneutrale Kontinent auf dem Globus wird, brauche es nicht weniger, sondern viel mehr Geld, sagt das EU-Parlament, und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sieht das genauso.
Immerhin: Die europäischen Finanzminister müssen sich mit diesem wohl nur sehr schwer zu lösenden Konflikt heute nicht befassen, sondern dürfen sich ihrer Kernaufgabe widmen: Die EU außerhalb der Haushaltsplanung finanziell und ökonomisch zusammenzuhalten. Natürlich geht es da auch um Geld - aber anders. Im Moment sind es vor allem Sorgen wegen der nachlassenden Konjunktur in der EU.
Noch sei das Wachstum zwar nicht abgewürgt, sagt Europas Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni, aber die Aussichten für Europas Wirtschaft seien geprägt von neuen Risiken. Im Moment sei es vor allem das Coronavirus, dessen Folgen für das Wachstum noch nicht absehbar seien. Aber auch darüber hinaus seien die Wachstumsaussichten nicht optimal.
EU-Schuldenregeln künftig flexibler?
In jedem Fall dürfte eine Wachstumsschwäche vor allem die Staaten der EU hart treffen, die ohnehin mit einer labilen Wirtschaft und einer hohen Staatsverschuldung zu kämpfen haben - Italien zum Beispiel.
Gentiloni, selbst Italiener, pocht deshalb darauf, die Schuldenregeln in der Europäischen Union künftig flexibler zu handhaben. Aus Deutschland oder den Niederlanden heißt es dazu: Kommt nicht in Frage.
Streit um Eurozonenbudget
Trotzdem: Reden werden die Finanzminister darüber. Genauso wie über das geplante Eurozonenbudget - ein neuer europäischer Geldtopf, aus dem gezielte Investitionen für finanziell strauchelnde EU-Staaten bezahlt werden sollen, um ernsthaften Währungs- und Finanzkrisen vorzubeugen.
Der ursprüngliche Vorschlag dazu kam aus Frankreich. Mehrere Hundert Milliarden Euro schwer sollte dieses Budget werden. Tatsächlich sollen es nun lediglich 13 Milliarden Euro sein, und das bis 2027. Zu wenig, um damit wirklich Krisen verhindern zu können, heißt es von Vielen - sondern bestenfalls Symbolpolitik.
Aber auch da geht es letztlich um die Frage, wer das Geld in dieses Budget hineingibt und wer am Ende davon profitiert. "Mein Geld, dein Geld" heißt das Spiel im Moment in Europa - und am Donnerstag, wenn die Staats- und Regierungschefs nach Brüssel kommen, geht es richtig los.