EU kürzt Vorbeitrittshilfe 760 Millionen Euro weniger für die Türkei
Das Verhältnis zwischen der EU und der Türkei ist schlecht. Die Verhandlungen über Beitritt und Visafreiheit liegen auf Eis. Die EU hat nun entschieden, Vorbeitrittshilfen massiv zu kürzen.
Jedes Land, das Mitglied der Europäischen Union werden möchte und bereits offizieller Kandidat ist, bekommt vorab schon mal Geld aus Brüssel, die sogenannten Vorbeitrittshilfen. Mit diesem Geld sollen die Länder fit für einen späteren EU-Beitritt gemacht werden. Es wird zum Beispiel in Projekte investiert, die die Demokratie oder das Rechtssystem in dem Land fördern sollen.
Auch die Türkei bekommt als Beitrittskandidat diese Vorbeitrittshilfen. In Zukunft allerdings deutlich weniger. Denn die EU hat entschieden, die Gelder um fast 40 Prozent zu kürzen. Der türkischen Regierung werden rund 760 Millionen Euro gestrichen. Und zwar innerhalb des Zeitraums von drei Jahren: von Anfang 2018 bis Ende 2020. Das heißt, die Türkei bekommt von der EU dann noch knapp 1,2 Milliarden Euro.
Anlass für Kürzung: das Vorgehen gegen Kritiker
Doch warum streicht die EU der Türkei das Geld? Grund ist die Entwicklung in dem Land unter Präsident Erdogan, dessen Regierung seit dem Militärputsch Mitte 2016 massiv gegen Kritiker vorgeht. Hinzu kommt, dass die türkische Regierung in der Vergangenheit kaum EU-Gelder für förderungswürdige Projekte abgerufen hat, ist aus der EU-Kommission in Brüssel zu hören. Die 28 EU-Länder hatten sich deshalb bereits im Sommer darauf geeinigt, dass die Vorbeitrittshilfen für die Türkei gekürzt werden soll. Nun setzt die EU-Kommission diese Entscheidung um.
Es geht nicht darum, die Gelder für die Türkei komplett abzuschaffen, sagte Johannes Hahn, der in der EU-Kommission für Erweiterungspolitik zuständig ist, bereits vor einiger Zeit. Gestoppt wurden zum Beispiel EU-Programme, die Richter in der Türkei qualifizieren sollen. Weil sich das Justizsystem in dem Land nach Kündigungen, Entlassungen und Verhaftungen sehr verändert hat, sagte Erweiterungskommissar Hahn. "Wir sind ja letztlich auch dem europäischen Steuerzahler und der Steuerzahlerin verpflichtet und die wollen wissen, wie wir mit dem Geld umgehen. Wir können ja nicht Leute qualifizieren, die nicht mehr existieren, jedenfalls nicht mehr in der Funktion, und das betrifft auch manche andere Bereiche."
Keine festen Beiträge mehr ab 2020
Aufgrund der Erfahrungen mit der türkischen Regierung will die EU-Kommission die Vorbeitrittshilfen im nächsten EU-Haushalt von 2020 bis 2027 anders organisieren. Es soll keine festen Beträge mehr an die fünf EU-Beitrittskandidaten geben. Dazu gehören neben der Türkei auch Albanien, Mazedonien, Montenegro und Serbien. Stattdessen sollen für alle insgesamt 14,5 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Dieses Geld soll erfolgsabhängig verteilt werden.
Dass zwischen der EU und der Türkei - abgesehen von der Flüchtlingsvereinbarung - kaum etwas voran geht, lässt sich auch an den Beitrittsgesprächen ablesen. Die gibt es bereits seit 13 Jahren. Im Frühjahr hatte die EU-Kommission in ihrem Fortschrittsbericht festgehalten, "die Türkei habe sich in riesigen Schritten von der EU weg bewegt". Seit dem Putschversuch von 2016 gebe es massive Rückschritte bei den Grundrechten, der Gewaltenteilung und der Rechtsstaatlichkeit. Genau daran hakt es bei den Beitrittsverhandlungen, sagte Erweiterungskommissar Johannes Hahn. "Das entscheidende würde sein, dass wir im Stande sich, diese Rechtsstaatskapitel zu verhandeln. Denn die sind dann der Lackmustest, für die Fähigkeit der Türkei, Mitglied der Europäischen Union zu werden oder nicht."
EU-Test bisher nicht bestanden
Bislang hat die türkische Regierung unter Präsident Erdogan den EU-Test nicht bestanden. Abgebrochen werden die Beitrittsverhandlungen aus diplomatischen Gründen nicht, aber sie kommen auch nicht voran - ebenso die Verhandlungen über die Visafreiheit für Türken, die in die Europäische Union reisen möchten. Es geht also derzeit kaum etwas zwischen der EU und der Türkei.