EU-Umweltministertreffen in Paris Atomkraft: Klimaschutz und Energie der Zukunft?
Das Thema Atomkraft ist europaweit wieder auf dem Vormarsch. Auf dem Treffen der EU-Umweltminister in Paris wird es eines der wichtigsten Gesprächsthemen sein. Denn vor allem für die französische Regierung bedeutet Atomkraft Klimaschutz.
Von Michael Becker, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Der Zeitpunkt war gut gewählt: Während die Umwelt- und Energieminister der EU in Paris über den Klimaschutz beraten, kündigt Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy den Bau eines neuen Atomreaktors an. Die Atomkraft sei mehr denn je eine Zukunftsenergie, betont Sarkozy. Und sein Umweltminister Jean-Louis Borloo, der Gastgeber in Paris, sagte der Tageszeitung Figaro: "Mehr und mehr Staaten erkennen an, dass Atomenergie eine Rolle spielen kann."
Eine Meinung, die nicht alle in Europa teilen. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel ließ sich nicht lange bitten: "Das ist eine Energieform, als wenn Sie in ein Flugzeug steigen und nicht wissen, wo die Landebahn ist." Doch die Franzosen sind nicht alleine: Italiens Premier Silvio Berlusconi hat angekündigt, den Atomausstieg in seinem Land wieder rückgängig machen zu wollen.
Zustimmung zur Atomkraft steigt europaweit
Keine Frage: Die steigenden Öl- und Gaspreise sorgen zurzeit dafür, dass die Atomkraft auch in der Bevölkerung wieder beliebter wird. Selbst in Deutschland: Nach einer aktuellen EU-Umfrage sind 46 Prozent der Deutschen für Atomkraft, immerhin acht Prozent mehr als bisher. Auch EU-weit steigt die Zustimmung.
Die deutsche Innenpolitik beschäftigt das Thema Atomenergie ohnehin in wachsendem Maße: CDU und SPD streiten seit langem über den Atomausstieg, der eigentlich längst beschlossene Sache ist. Spätestens 2022 soll der letzte Meiler vom Netz gehen. Doch die CDU plädiert für längere Laufzeiten – und auch der Klimaschutz wird dabei als Argument ins Feld geführt.
Atomkraftwerke mit geringem CO2-Ausstoß
Die EU hat sich verpflichtet, ein Drittel weniger Treibhausgase in die Luft zu blasen - und die Befürworter der Atomkraft verweisen darauf, dass Atomkraftwerke nur wenig Kohlendioxid ausstoßen. Doch es gibt noch andere Verpflichtungen, die die EU sich auferlegt hat: In Zukunft soll deutlich mehr Energie aus Wind, Sonne und Wasserkraft kommen. Der Anteil der regenerativen Energien soll auf 20 Prozent steigen – eine Zielmarke, von der man noch weit entfernt ist.
Für Länder wie Frankreich, die vor allem auf Atomenergie setzen, würde das erhebliche Anstrengungen bedeuten. Die EU-Kommission befürchtet deshalb, die Franzosen könnten darauf bestehen, sich ihre vermeintlich klimafreundliche Atomenergie als erneuerbare Energie anrechnen lassen. Eine Vorstellung, die einen Atomkraftgegner wie Sigmar Gabriel auf die Palme treibt: "Erneuerbare Energie ist das auf gar keinen Fall!" Das sehe man schon daran, "dass wir alle auf der Welt Mühe und Not haben zu entscheiden, wo gehen wir überhaupt mit den Abfällen hin."
Die Debatte darüber, wie klimafreundlich die Atomkraft ist, steht der EU noch bevor. Ein gemeinsamer Nenner bei diesem Thema ist nicht in Sicht - im Gegenteil: An der Atomkraft scheiden sich in Europa die Geister.