EuGH-Entscheidung Ungarische Asylregeln verstoßen gegen EU-Recht
Laut einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs verstößt Ungarn mit seinen Asylregeln gegen EU-Recht. Insbesondere die "rechtswidrige Inhaftierung" von Schutzbedürftigen verurteilte der EuGH.
Der Europäische Gerichtshof hat erneut Teile des restriktiven Asylsystems in Ungarn für rechtswidrig erklärt. Es sei unzulässig, dass Ungarn illegal im Land befindliche Migranten abschiebe, ohne den Einzelfall zu prüfen, befand das höchste EU-Gericht.
Das Gericht verurteilte Ungarn vor allem wegen der "rechtswidrigen Inhaftierung" von Schutzbedürftigen in "Transitzonen" und der Abschiebung von Flüchtlingen ohne Beachtung der geltenden Garantien.
Der EuGH entsprach damit weitgehend einer Klage der EU-Kommission gegen Ungarn. Die Brüsseler Behörde hatte seit dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise 2015 wiederholt Zweifel an der Vereinbarkeit der ungarischen Asylregeln mit EU-Recht geäußert. Insbesondere die systematische Inhaftierung von Menschen an der ungarisch-serbischen Grenze ohne Beachtung der in der Rückführungsrichtlinie enthaltenen Garantien stieß in Brüssel auf Kritik.
Keine Möglichkeit auf Asylantrag
In der Urteilsbegründung heißt es, Ungarn habe "gegen seine Verpflichtung verstoßen, einen effektiven Zugang zum Verfahren für die Zuerkennenung internationalen Schutzes zu gewährleisten". So sei für Angehörige von Drittstaaten unmöglich, an der serbisch-ungarischen Grenze einen Asylantrag zu stellen.
Es bestehe die Gefahr, "dass Migranten ohne die entsprechenden Garantien und unter Verstoß gegen den Grundsatz der Nichtzurückweisung rückgeführt werden". Die ungarischen Behörden beachteten nicht die vorgesehenen Verfahren und Garantien.
Mit Abschiebung gleichzusetzen
Vielmehr würden die Migranten von Polizisten unter Zwang hinter einen Zaun auf einen Landstreifen ohne Infrastruktur gebracht, der nur wenige Meter von der Grenze zu Serbien entfernt sei. Da die Betroffenen keine andere Wahl hätten, als das ungarische Landesgebiet zu verlassen, sei dies mit einer Abschiebung gleichzusetzen.
Stattdessen müsse es nach EU-Recht ein Rückführungsverfahren geben, bei dem bestimmte Garantien berücksichtigt würden.
Neues Verfahren gegen Ungarn
Die Klage der EU-Kommission richtete sich auch gegen die mittlerweile geschlossenen Transitlager sowie die bis vor kurzem gültigen Asylverfahren an der Grenze zu Serbien. Die Transitlager erklärte der EuGH in einem anderen Verfahren bereits im Mai für rechtswidrig. Daraufhin schloss Ungarn die Lager und führte neue Regeln ein.
Mittlerweile sehen neue Regeln vor, dass Schutzsuchende nicht mehr an der Grenze zu Serbien Asyl beantragen können, sondern in Ungarns Botschaften in Belgrad oder Kiew vorstellig werden müssen. Dort können sie eine Absichtserklärung auf Stellung eines Asylantrags einreichen. Sie bekommen dann möglicherweise einmalig die Erlaubnis, nach Ungarn einzureisen.
Gegen diese Regeln hat die EU-Kommission im Oktober ein neues Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil der Zugang zum Asylverfahren nicht gewährleistet sei.
Rechtssache C-808/18