US-Wahl 2024
Parteitag in Chicago Biden schwört Demokraten auf Harris ein
Auf dem Parteitag der US-Demokraten ist Präsident Biden begeistert begrüßt worden. Er sprach vom "Sieg der Demokratie" und sicherte Harris seine volle Unterstützung zu. Die wiederum hatte einen Überraschungsauftritt.
US-Präsident Joe Biden hat die Demokratische Partei nach seinem Ausstieg aus dem Wahlkampf auf die neue Frontfrau Kamala Harris eingeschworen. "Seid ihr bereit, Kamala Harris und Tim Walz zu wählen?", rief er beim Parteitag der Demokraten in Chicago den Tausenden Delegierten zu. "Seid ihr bereit, für Freiheit zu stimmen?"
Er betonte: "Die besten Tage liegen nicht hinter uns, sondern vor uns." Seine Rede wurde immer wieder von Jubel unterbrochen.
"Die Demokratie hat gesiegt, die Demokratie hat sich durchgesetzt, und jetzt muss die Demokratie bewahrt werden", sagte Biden. "Dank Ihnen haben wir die außergewöhnlichsten vier Jahre des Fortschritts erlebt, die es je gab", erklärte Biden. Und dann warf er ein: "Wenn ich 'wir' sage, meine ich mich und Kamala".
Biden war im Juli aus dem Rennen um eine zweite Amtszeit ausgestiegen. Der Demokrat war wegen seines Alters und Zweifeln an seiner mentalen Fitness in der eigenen Partei massiv unter Druck geraten. Harris rückte nach und konnte in kurzer Zeit die Partei hinter sich versammeln. Walz ist ihr Vizepräsidentschaftskandidat.
Der viertägige Parteitag der Demokraten in Chicago hatte am Montag begonnen. Nachdem sich Harris die Nominierung in einer mehrtägigen elektronischen Abstimmung Anfang August bereits gesichert hat, wird sie die Kandidatur bei einer für Donnerstag geplanten Rede formell annehmen.
Der Beginn eines tränenreichen Abschieds
Trotz der späten Uhrzeit nahm Biden sich viel Zeit, eine Bilanz seiner Arbeit zu ziehen - manchmal nicht ohne einen Unterton von Bitterkeit. Er habe das Land aus der Pandemie zurückgebracht, Hunderttausende Jobs in Zukunftstechnologien geschaffen, in die Infrastruktur investiert und die NATO gestärkt. Als eine der wichtigsten Aufgaben seiner restlichen Amtszeit nannte er es, den Krieg in Gaza zu beenden.
Bidens Auftritt war von Emotionen begleitet: Seine Frau Jill etwa sagte, ihr Ehemann und sie seien nun seit fast 50 Jahren zusammen - trotzdem gebe es Momente, in denen sie sich wieder in ihn verliebe. Zum Beispiel, wenn er mit der Entscheidung über seinen Rückzug ringe.
Und Bidens Tochter Ashley pries ihren 81 Jahre alten Vater: "Wenn ich meinen Vater ansehe, sehe ich Güte, Stärke und Demut. Ich sehe einen der größten Anführer in der Geschichte." Biden selbst war sichtlich gerührt, als er seine Tochter umarmte, während die Menge minutenlang "Thank you, Joe!" rief.
Überraschungsauftritt von Harris
Vor Bidens Rede war Harris überraschend auf dem Parteitag aufgetreten. Sie lobte Biden und sagte, sie sei ihm "auf ewig dankbar". Sie dankte Biden zudem für seine "historische" Führungsrolle. Es war der erste Auftritt von Harris auf dem Parteitag. "Lasst uns für die Ideale kämpfen, die uns am Herzen liegen, und lasst uns immer daran denken, wenn wir kämpfen, werden wir gewinnen", rief Harris unter tosendem Applaus der Anwesenden.
"Joe, danke für deine historische Führungsstärke, für deinen lebenslangen Dienst an unserer Nation, wir sind dir für immer dankbar", sagte Harris.
Und Hillary Clinton schlug eine Brücke zwischen gestern und morgen. Biden sei der Champion der Demokratie gewesen, zu Hause und im Ausland. Er habe Würde, Anstand und Vertrauen zurück ins Weiße Haus gebracht und gezeigt, was es bedeute, ein wahrer Patriot zu sein.
Clinton hatte 2016 die erste Präsidentin der USA werden wollen, scheiterte aber an Donald Trump. Nun will sie der nächsten Bewerberin helfen, Geschichte zu schreiben. Harris habe den Charakter, die Erfahrung und die Vision, das Land voranzubringen, sagte Clinton.
Harris trat überraschend in Chicago auf - sie sei Biden "ewig dankbar".
Abstimmung über Vizepräsidentschaft
Zuvor hatten die US-Demokraten Tim Walz als Vizepräsidentschaftskandidaten für die Wahl im November bestätigt. Die mehreren Tausend Delegierten stimmten in einem rein zeremoniellen Votum für den Gouverneur des Bundesstaates Minnesota als sogenannten Running Mate für Harris. Die beiden waren bereits vor dem Parteitag per Online-Abstimmung offiziell nominiert worden.
Die Partei hatte die Kandidatenkür vorgezogen und digital abgewickelt - wegen Fristen für den Druck von Wahlzetteln in einem Bundesstaat. Das Abstimmungsprozedere in Chicago ist deshalb rein symbolischer Natur. Für Harris ist laut Partei in der deutschen Nacht zum Mittwoch ein solches zeremonielles Votum vorgesehen.
Demonstranten durchbrechen Sicherheitszaun
Der Parteitag wird von großen pro-palästinensischen Demonstrationen begleitet. Tausende Menschen schlossen sich einem Protestzug zum Veranstaltungsort an. Die Demonstrationen richten sich in erster Linie gegen das Vorgehen des israelischen Militärs im Gazastreifen und die militärische Unterstützung der USA für Israel.
Rund 100 pro-palästinensische Demonstranten durchbrachen dabei einen äußeren Sicherheitszaun am United Center, in dem der Parteitag stattfindet. Polizisten hinderten die Demonstranten daran, zur inneren Absperrung vorzudringen. Ein schwarz gekleideter Demonstrant wurde von mehreren Beamten weggetragen, wie ein Journalist der Nachrichtenagentur AFP beobachtete.
Die Polizei in Chicago erklärte, die innere Umzäunung sei zu keinem Zeitpunkt durchbrochen worden, es habe keine Bedrohung gegeben.
Mit Informationen von Katrin Brand, ARD-Studio Washington