Vor EU-Gipfel in Riga Varoufakis hat offenbar Gespräche mitgeschnitten
Griechenlands Finanzminister Varoufakis hat offenbar Gespräche mit anderen EU-Finanzministern heimlich aufgezeichnet. Einen entsprechenden Bericht dementierte er nicht. Er werde sich aber an die Pflicht zur Verschwiegenheit halten. In Brüssel ist man - erstaunt.
Es war nur ein Nebensatz, den Yanis Varoufakis angeblich gegenüber einer Reporterin der "New York Times" fallen ließ. Doch sollte er so gefallen sein, dann hat es dieser Nebensatz in sich: Er habe Ende April beim Treffen der Eurofinanzminister in Riga heimlich Tonbandaufnahmen von einem Gespräch mit den Ressortchefs der Eurogruppe gemacht, zitiert die Journalistin in ihrem Porträt über Varoufakis den griechischen Finanzminister. Laut Varoufakis beweist sein heimlicher Tonbandmitschnitt, dass er von seinen Finanzministerkollegen nicht als Spieler, Amateur und Zeitverschwender beschimpft worden sei. Genau das hatten zahlreiche internationale Medien nach dem Eurogruppen-Treffen in Riga berichtet. Er könne seine Gesprächsaufzeichnung aus Gründen der Vertraulichkeit allerdings nicht veröffentlichen, sagte Varoufakis laut "New York Times".
Warf Varoufakis Schäuble Denkfehler vor?
Auch in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" lässt Griechenlands Finanzminister keine Gelegenheit aus, um seine Amtskollegen zu provozieren. So wirft Varoufakis Wolfgang Schäuble Denkfehler in der Griechenland-Analyse vor und behauptet, für Schäuble zähle die Macht mehr als die Argumentation. Zwar behauptet Varoufakis in seinem Blog, die "Zeit" habe ihn falsch zitiert. Doch die Veröffentlichungen kommen zu einem für Griechenland denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn um die Finanzsituation Griechenlands geht es auch heute beim Abendessen der EU Staats-und Regierungschefs in Riga.
Griechenland heute wieder Thema in Riga
Er sei pessimistisch, dass es noch in dieser Woche zu einer Einigung mit Athen komme, sagte Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloom im niederländischen Fernsehen. Dennoch wird das Thema Finanzhilfen für Athen beim heutigen Abendessen in Riga eine wichtige Rolle spielen, bei dem Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Informationen von "Politico Brussels" zwischen Griechenlands Premier Alexis Tsipras und EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sitzt. Auch Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ist in Riga dabei. Juncker, Schulz und Merkel eint der Wille, Griechenland im Euro zu halten.
Dennoch beruhe Europas Glaubwürdigkeit "natürlich auch darauf, dass wir Regeln einhalten", betont die Bundeskanzlerin immer wieder bei ihren Auftritten in Brüssel zum Thema Griechenland. Zum Einhalten der Regeln gehört, dass Griechenland ohne Reformen von der EU keine neue Milliardenkredite bekommt.
Hilfsverlängerung gegen Minimalreform?
Allerdings sind die Finanzminister der Eurostaaten nach Informationen von Diplomaten aus Brüssel bereit, Tsipras erneut entgegenzukommen. Die Eurogruppe könnte das zweite Hilfsprogramm für Griechenland, das eigentlich am 30. Juni auslaufen soll, noch bis zum Herbst verlängern, wenn die Tsipras-Regierung umgehend zu einer Minimalreform bereit ist. Dazu zählen ein Sparprogramm und die Reform des griechischen Mehrwertsteuersystems. Entscheidet sich Athen bis Ende Mai zu dieser Minimalreform, könnte die Eurogruppe Anfang Juni einen Teilbetrag von vier Milliarden Euro aus dem noch laufenden Hilfsprogramm freigeben.
Dieses Geld würde ausreichen, damit die Tsipras-Regierung im Juni und Juli ihre Schulden an den Internationalen Währungsfonds (IWF) und die Europäische Zentralbank zurückzahlen kann. Tsipras würde damit wertvolle Zeit für eine umfassende Renten- und Arbeitsmarktreform gewinnen, ohne die der IWF nicht zu weiteren Krediten bereit ist.
Doch bisher verweigert Griechenlands Premier diese Reformen. Tsipras setzt ebenso wie sein Finanzminister Varoufakis auf eine erneute Umschuldung. Und auf neue Milliardenkredite ohne Reformverpflichtungen. Schließlich sei Griechenland auch in die EU und in die Euro-Währungsgemeinschaft aufgenommen worden, ohne die Bedingungen dafür zu erfüllen. Alles sei letztlich eine Frage des politischen Willens lautet Griechenlands Botschaft an die EU-Regierungschefs in Riga.