Jahresbericht der Welthungerhilfe Hunger "weltweit weiter auf dem Vormarsch"
Die Welthungerhilfe hat 2022 nach eigenen Angaben 18,8 Millionen Menschen in 37 Ländern unterstützt - 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Der russische Angriffskrieg habe den Hunger weltweit verschärft.
Die infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine auf Rekordwerte gestiegenen Lebensmittelpreise in der ganzen Welt haben nach Angaben der Welthungerhilfe vielerorts den Hunger verschärft. Durch den Krieg wurden "Grundnahrungsmittel unerschwinglich, und der Hunger ist dadurch weltweit weiter auf dem Vormarsch", sagte Welthungerhilfe-Präsidentin Marlehn Thieme dem Jahresbericht der Organisation zufolge.
Die Welthungerhilfe hat im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben mehr als 18,8 Millionen Menschen in 37 Ländern und 603 Projekten weltweit unterstützt. Das waren etwa 13 Prozent mehr Menschen als im Jahr zuvor, heißt es im aktuellen Jahresbericht.
Insgesamt 341,2 Millionen Euro hatte die Welthungerhilfe demnach für ihre Arbeit zur Verfügung - darunter 97,6 Millionen allgemeine Spenden und Nothilfespenden. Zu den privaten Spenden seien 241,5 Millionen Euro an institutionellen Zuschüssen etwa vom Bund oder von der EU gekommen, hieß es.
Das bedeute, dass sich in der Regel jede Spende vervierfache. Aus 100 Euro Spenden werden demnach bis zu 400 Euro Projektmittel.
17 Länder in Afrika
Das meiste Geld sei in die Projektförderung im Ausland geflossen: insgesamt 287,7 Millionen Euro, davon alleine 42,2 Millionen in Projekte im Südsudan. Insgesamt seien in 17 afrikanischen Ländern mit 366 Projekten mehr als 12,1 Millionen Menschen unterstützt worden.
"Am Horn von Afrika hat sich die Lage dramatisch zugespitzt", erklärte die Welthungerhilfe-Präsidentin Thieme. "Mehr als 36 Millionen Menschen leiden dort unter der schlimmsten Dürre seit vier Jahrzehnten. Hungerkrisen entwickeln sich zu Katastrophen."
Laut Bericht investierte die Welthungerhilfe außerdem in Kampagnen-, Bildungs- und Aufklärungsarbeit, Werbung, Projektbegleitung und Verwaltung. Zusammen mit nationalen Partnern konnte die Organisation den Angaben zufolge Soforthilfe in akuten Notlagen leisten und auch regional angepasste langfristige Konzepte umsetzen.
Organisation sieht Fortschritte
Die Bereiche Wasser- und Sanitätsversorgung sowie Hygiene machten den größten Anteil aus, und es habe Fortschritte gegeben. "Viele Menschen ernten und erwirtschaften nun mehr, sie können sich besser ernähren, verfügen über sauberes Trinkwasser und sind deshalb weniger krank", erklärte die Welthungerhilfe.
Für Kinder bedeute diese Unterstützung die Chance auf eine bessere körperliche und geistige Entwicklung und damit auf eine selbstbestimmte Zukunft.
Auch in der Ukraine und in der Republik Moldau unterstützte die Welthungerhilfe dem Bericht zufolge im vergangenen Jahr mit zwei Partnerorganisationen acht Projekte. Zudem seien in Deutschland in elf Projekten Menschen über die Arbeit der Welthungerhilfe informiert und für entwicklungspolitische Themen aktiviert worden.
Zivilgesellschaft im Kampf gegen Hunger wichtig
Welthungerhilfe-Generalsekretär Mathias Mogge beobachtet allerdings eine zunehmende Einschränkung zivilgesellschaftlicher Akteure. "Um den Hunger erfolgreich bekämpfen zu können, muss die Zivilgesellschaft in den betroffenen Ländern staatliche Strukturen überprüfen und Verbesserungen einfordern können", erklärte er.
In Afghanistan werde durch das Arbeitsverbot für Afghaninnen eine ganze Bevölkerungsgruppe ausgegrenzt, in Indien zweifele die Regierung die wissenschaftlichen Berechnungen im Welthunger-Index an, und auch in Mali und Burkina Faso macht die sich tagtäglich verschlechternde Sicherheitslage die Arbeit für Mitarbeit von Hilfsorganisationen immer schwieriger.
Gründung 1962
Die Welthungerhilfe konzentriert sich darauf, in Zusammenarbeit mit Hunderten Partnern vor Ort die Nahrungsmittelproduktion in den betroffenen Ländern selbst zu fördern - etwa im Südsudan, in Indien oder Haiti.
Sie hat als politisch und konfessionell unabhängige private deutsche Hilfsorganisation nach eigenen Angaben seit ihrer Gründung 1962 in mehr als 70 Ländern der Erde mit über 4,2 Milliarden Euro mehr als 10.000 Hilfsprojekte in Afrika, Lateinamerika und Asien durchgeführt.