Marine Le Pen zu Besuch bei Geert Wilders Rechte gemeinsam gegen Europa
Eine europäische Allianz aus Anti-Europäern? Für den niederländischen Rechtspopulisten Wilders und die französische Front-National-Chefin Le Pen ist das kein Widerspruch. Nun haben sie sich getroffen, um Möglichkeiten für eine Zusammenarbeit auszuloten.
Würden die Niederländer heute ein neues Parlament wählen, ginge die Partei für die Freiheit von Geert Wilders als großer Sieger aus dieser Wahl hervor. Seit Wochen liegen die Rechtspopulisten in den Umfragen der Meinungsforschungsinstitute vorne. Wilders strotzt nur so vor Kraft und prophezeit für 2014 eine Zeitenwende in Europa: "Nächstes Jahr werden wir ein politisches Erdbeben in Europa erleben. Ich versichere Ihnen, dass im kommenden Jahr in vielen Ländern Europas eurokritische Parteien deutliche Siege feiern werden. Ob das nun in den Niederlanden ist, in Großbritannien, in Frankreich, in Schweden oder vielleicht sogar in Deutschland. Alle diese Parteien werden die politische Elite besiegen und in all diesen Ländern gewinnen."
Wilders' Sinneswandel gegenüber Front National
Der Jurist aus der Grenzstadt Venlo möchte die rechten Kräfte in Europa bündeln. Er sympathisiert mit Schwedens Demokraten, den Freiheitlichen in Österreich, der Lega Nord in Italien und mit dem Vlaams Belang in Belgien. Vor allem aber buhlt Wilders um die Gunst des Front National in Frankreich. Ein Sinneswandel, denn zu Zeiten Jean-Marie Le Pens lehnte der Niederländer jeden Kontakt zu Frankreichs Nationalisten ab. Die antisemitischen Sprüche des greisen Parteichefs Le Pen waren dem Israelfreund Wilders stets zuwider.
Doch seit Anfang des Jahres 2011 hat der Front National ein neues Gesicht. Und für Marine Le Pen findet Geert Wilders nur lobende Worte: "Frau Le Pen, die den Job ihres Vaters übernommen hat, hat einen anderen Wind durch die Partei wehen lassen. Sie ist - soweit ich weiß - mittlerweile die zweitbeliebteste Politikerin in Frankreich mit einer Zustimmung von 28 Prozent. Es wäre toll, wo doch Christdemokraten, Liberale und auch die vermaledeiten Sozialdemokraten im EU-Parlament längst ihre Kräfte bündeln, wenn auch die eurokritischen Parteien überprüfen würden, ob sie in irgendeiner Form gegen Europa zusammenarbeiten könnten."
"Wir wollen wirtschaftlichen Patriotismus"
Marine Le Pen ist willig. Nach einem gemeinsamen Frühstück mit Wilders vor einem halben Jahr in Frankreich ist sie nun zum Gegenbesuch nach Den Haag gereist. Sie findet die radikale Islamkritik des Niederländers zwar reichlich übertrieben, aber was das "technokratische Monster Europa" angeht, sind die Beiden sich einig: "Wir wollen das Europäische Parlament nicht auflösen, aber wir fordern radikale Veränderungen", sagt Le Pen. "Wir wollen den Einfluss der Europäischen Kommission beschränken. Wir wollen zurück zu einem Europa freier Staaten."
Und weiter: "Wir haben vorgeschlagen, dass wir eine gemeinsame Liste wichtiger Punkte aufstellen werden: Dazu gehören das Ende der Massenimmigration, das Ende des Verlustes unserer Souveränität, und wir wollen wirtschaftlichen Patriotismus."
AfD lehnt Zusammenarbeit ab
Auf dem Weg zu einem anti-europäischen Block in Brüssel schreiten Le Pen und Wilders voran. Sie wollen auch andere europakritische Parteien für ihre Idee begeistern, sofern diese nicht rassistisch sind, wozu beide die British National Party und die ungarische Jobbik zählen. Die von Wilders gepriesene Alternative für Deutschland (AfD) käme als Partner in Frage, doch deren Parteichef Bernd Lucke hat eine Zusammenarbeit mit beiden Kräften bereits kategorisch abgelehnt.
Und Nigel Farage, der Chef der britischen UKIP-Partei, kann zwar ganz gut mit Wilders, glaubt aber nicht recht an einen Sinneswandel beim Front National: "Marine Le Pen versucht ihr Bestes, um diese Partei zu verändern", sagt Farage, "aber der Antisemitismus ist tief in dieser Partei verwurzelt - seit ihrer Gründung."
Das Spektrum der rechten Parteien in Europa ist groß. Es reicht von gemäßigt bis radikal. Deshalb sind bislang alle Versuche, im EU-Parlament eine große Allianz der Rechten zu schmieden, gescheitert. Und es wird wohl auch nach der Europawahl im Mai des kommenden Jahres nicht leichter werden.