Corona-Impfung AstraZeneca - besser als sein Ruf?
Der Corona-Impfstoff des Herstellers AstraZeneca steht in der Kritik: Er verursache mehr Nebenwirkungen und sei weniger wirksam als andere Präparate. Experten wie der Virologe Drosten halten die Sorgen jedoch für unbegründet.
Die ersten Meldungen kamen aus Schweden: Nach der Impfung mit dem AstraZeneca-Vakzin traten in der Region Sörmland so viele Nebenwirkungen auf, dass die Nutzung zeitweise ausgesetzt wurde. Auch aus Deutschland gab es ähnliche Meldungen, unter anderem aus Nordrhein-Westfalen und Hamburg. Zudem wurden Vorwürfe laut, AstraZeneca habe die Nebenwirkungen des Impfstoffes heruntergespielt. In Berlin, wo die zu Impfenden Wahlfreiheit beim Präparat haben, entscheidet sich medizinisches Personal oft gegen das AstraZeneca-Vakzin.
Impfreaktionen auch bei anderen Präparaten
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) können Impfreaktionen nicht nur beim vektorbasierten AstraZeneca-Präparat, sondern auch bei den mRNA-Impfstoffen von BioNTech/Pfizer und Moderna auftreten. Das Referat Arzneimittelsicherheit des für die Impfstoffkontrolle zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts untersuche, ob die gemeldeten Reaktionen über das hinausgehen, was in den klinischen Prüfungen beobachtet wurde, und ob - wenn ja - Gründe dafür erkennbar sind, sagte eine Sprecherin der Funke Mediengruppe.
AstraZeneca erklärte, das Unternehmen sehe keinen Grund zur Sorge. "Derzeit sind die gemeldeten Reaktionen so, wie wir sie aufgrund der Erkenntnisse aus unserem klinischen Studienprogramm erwarten würden."
Entwarnung in Schweden und Emden
In Schweden wurde inzwischen Entwarnung gegeben: Man habe Gespräche mit der nationalen Arzneimittelbehörde und dem Hersteller geführt und es gebe nichts, was darauf hindeute, dass etwas mit dem gelieferten Impfmittel nicht stimme, teilte die Region Sörmland mit. Die Impfungen würden im Laufe der Woche wieder aufgenommen. Auch im Klinikum Emden, in dem die Anwendung des AstraZeneca-Impfstoffes vorübergehend ausgesetzt worden war, wird dieser wieder verabreicht.
Diskussion über Wirksamkeit hält an
Allerdings gibt es weiter Diskussionen über die Wirksamkeit des Impfstoffs. Diese liegt mit etwa 70 Prozent um gut 20 Prozentpunkte unter der Wirksamkeit der Impfstoffe von BioNTech und Moderna. Zudem soll der Impfstoff von AstraZeneca in Deutschland wegen fehlender Daten bislang nur bei unter 65-Jährigen angewandt werden.
Der südafrikanische Gesundheitsminister setzte die Einführung des Impfstoffs nach einer klinischen Studie aus. Diese hatte ergeben, dass das Vakzin bei der im Land vorherrschenden Coronavirus-Variante nur minimalen Schutz gegen leichte bis mittelschwere Erkrankungen bietet.
Der Präsident des Weltärztebundes, Frank Ulrich Montgomery, erklärte, medizinisches Personal und Pflegekräfte sollten nach seiner Ansicht nicht mit dem AstraZeneca-Vakzin geimpft werden. Der Impfstoff sei zwar genauso sicher wie die anderen. "Doch die geringere Wirksamkeit lässt sich nicht wegdiskutieren", sagte Montgomery der "Rheinischen Post" .
Ärztefunktionär Montgomery hat Verständnis für Mediziner, die sich nicht mit dem AstraZeneca-Vakzin impfen lassen wollen.
Drosten hält Impfstoff für genügend wirksam
Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité widerspricht der Auffassung, der AstraZeneca-Impfstoff sei nur zweite Wahl: In der öffentlichen Diskussion in Deutschland sei vieles falsch verstanden worden, sagte Drosten im Podcast Coronavirus-Update des NDR. Die Universität Oxford, die den Impfstoff mitentwickelt hat, habe zu früh zu kleine Daten-Häppchen veröffentlicht, aus denen dann voreilige Schlüsse gezogen worden seien. Die vorhandenen Impfstoffe seien extrem gut. "Es gibt immer ein Haar in der Suppe, und manche schauen da mit einem Vergrößerungsglas drauf - das sollte man nicht tun.
Virologe Drosten sieht die Abwertung des Impfstoffes als voreilig an.
Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn spricht dem AstraZeneca-Impfstoff eine "hohe Wirksamkeit" zu. "Ja, ich würde mich impfen lassen, wenn ich eine Impfung angeboten bekommen würde - ausdrücklich auch mit AstraZeneca. Das ist ein sicherer und wirksamer Impfstoff", sagte er. Lediglich bei der sogenannten südafrikanischen Virus-Mutation B.1.351 gebe es Hinweise auf einen geringeren Schutz. Zu Berichten über vermehrte Nebenwirkungen bei dem Präparat sagte Spahn, häufig gehe es hier um "Impfreaktionen", die zeigten, "dass das Immunsystem angesprungen ist".
Saarlands Gesundheitsministerin Monika Bachmann kritisierte eine mangelnde Impfbereitschaft mit dem AstraZeneca-Vakzin. Bei einer Sonderimpfung im medizinischen Bereich seien 54 Prozent von 200 zur Impfung angemeldeten Personen nicht erschienen seien, ohne den Termin abzusagen, so die CDU-Politikerin.